Samstag, 28. Februar 2015

Eine unsichtbare Antenne für Kurzwelle


      Du darfst keine Antenne bauen? Keinen Fahnenmast, da du zur Miete wohnst. Keinen Draht zum nächsten Baum, weil der Hausmeister keine Drähte mag und der Mieter neben dir zwar den ganzen Tag mit dem Handy telefoniert aber angeblich HF-sensibel ist. Virtueller Funk per Internet findest du x%6@#.

Du hast kein Geld um dir eine Remote-Station zu leisten und deine XYL möchte auch keine Magnetic Loop auf dem Balkon oder in der Wohnung. Das einzige was dir bleibt, ist deine Handfunke und der nächste Relaiskanal.

Dann habe ich eine gute Nachricht für dich: Ab sofort darfst du auf Kurzwelle funken – von zu Hause aus. So oft und soviel du möchtest. Denn du hast vermutlich eine Antenne in deiner Nähe, die du noch nicht entdeckt hast.

„Ja, ich weiss“, wirst du jetzt sagen. „Meine Dachrinne. Aber die ist an den Blitzableiter angeschlossen und unten geerdet. Eine Modifikation wird der Vermieter nicht zulassen.“

Das sind ja schon mal gute Voraussetzungen! Alles was du jetzt brauchst ist eine Delta-Anpassung und einen Tuner. Damit kannst du alles in eine Antenne verwandeln: Die Dacheinfassung aus Metall, die Dachrinne, den Blitzableiter. 
Schlecht isoliert? Ist egal! Geerdet? Ist auch egal! Nicht resonant? Schnurzegal!
Mit der Delta-Anpassung, im VHF-Bereich auch T-Anpassung, wird in der Regel ein Dipol an die Speiseleitung angepasst. So wie hier:



      Beachte bitte, dass der Dipol keine Auftrennung aufweist. Auf den ersten Blick sieht es also nach einem Kurzschluss aus. Ist es aber nicht, sagt EZNEC, das Programm zur Antennensimulation.
Nun, das ist Theorie. Beweisen kann man es nur durch den heuristischen Ansatz: Try and Error :-)

Was bei einem Halbwellen-Dipol funktioniert, funktioniert auch bei unsymmetrisch gespeisten Dipolen – sogar wenn ein Ende geerdet ist. Und es funktioniert auch bei so unübersichtlichen Gebilden wie Blitzableitern, die über das ganze Haus mit allem und jedem verbunden und an allen vier Ecken geerdet sind.

„Ja, aber wie kann ich das berechnen? Wie weit müssen in einem bestimmten Fall die Anschlusspunkte auseinander liegen um eine Delta-Anpassung hinzukriegen?“, wirst du vielleicht einwenden.

Natürlich kann man das auf EZNEC simulieren und ich habe es auch getan. Das Resultat: In den meisten Fällen wird ein Tuner mit den entstehenden Impedanzen fertig. Ein Remote-Tuner wäre ideal, aber es tut‘s auch ein Tuner im Shack, wenn die Zuleitung kurz ist.

Nun, wie sieht das in der Praxis aus und wie gut funktioniert es? Ich habe das heute mal ausprobiert:
Dachfenster auf und mit je einem Meter Laborkabel und zwei Krokoklemmen den Blitzableiter links und rechts angeschlossen. Als weitere Vereinfachung habe ich auf den Tuner verzichtet und die Kabel über zwei Meter RG-58 direkt an meinen TS-590 angeschlossen. Mal sehen, ob der eingebaute Tuner was taugt ;-)






     Resultat: Ich kann den Blitzableiter auf 3.5, 10, 14 und 18MHz abstimmen. Auch noch im oberen Teil des 160m Bandes. Und mein Antennenanalyzer sagt mir, dass ich auf allen Bändern abstimmen könnte, wenn ich nicht zu faul wäre, den Tuner aus dem Keller zu holen.

Das trifft natürlich nur in meinem speziellen Fall zu. Bei euch wird es wieder anders sein. Aber es lohnt sich, das mal zu testen.

Doch Abstimmen heißt noch nicht funken. Denn meinen Dummy Load kann ich auch immer perfekt abstimmen. 
Also habe ich mal ein paar QSO’s gefahren. Und da das so wunderbar geklappt hat, habe ich jetzt den Kenwood auf 5W runtergedreht und lasse ihn heute mal den ganzen Tag in WSPR im 10 MHz Band laufen. Das Resultat lässt sich auf WSPR-Net bewundern. Weiteste Station bisher ist K9AN in Champaign, Illinois. Mit den meisten Stationen wären CW bzw. PSK31 Verbindungen mit 100W gut möglich.


PS. Nein. Ihr braucht mir nicht zu mailen, dass Funken mit dem Blitzableiter gefährlich oder verboten ist!

Nachtrag 16:50 MEZ, das Signal meines Blitzableiters ist soeben in Neuseeland angekommen, bei ZL2FT mit -19dB.