Montag, 18. April 2016

Prozessgewinn

Direct Sampler, also Empfänger bei denen das Antennensignal über Bandpassfilter direkt auf den Wandler gelangt, wie zum Beispiel ANAN, FLEX oder ADAT, bedienten bisher bei Funkamateuren und passionierten Kurzwellenhörern nur eine kleine Nische. Die großen Amateurfunk-Hersteller wie Yaesu, Kenwood, Icom und Elecraft setzen zwar auch auf SDR, aber bevor das Signal den AD-Wandler erreicht, wird es auf eine Zwischenfrequenz gemischt, dort schmalbandig gefiltert (Stichwort Roofing Filter) und erst dann auf den AD-Wandler losgelassen.

Mit der Markteinführung des IC-7300 wird nun plötzlich die breite Masse der Funkamateure mit dem Direct Sampler konfrontiert. Aha-Effekte und Lernprozesse sind die Folge.
Eine gute Sache, den ein Tag unseres Lebens, an dem wir nichts dazu lernen, ist ein verlorener Tag.

Meine Blogeinträge zum IC-7300 haben eine Flut von Emails ausgelöst. Leider kann ich nicht auf alle eingehen. Ich müsste sonst eine Sekretärin anstellen.

Auch Paul, HB9DFQ, der sich intensiv mit SDR auseinandersetzt und experimentiert, hat mir zu diesem Thema ein interessantes Mail geschrieben. Hier ist sein Kommentar:


Ich möchte an dieser Stelle auch noch einige Informationen zum Thema SDR geben:

Es kommt nicht nur auf die Anzahl Bit des A/D-Wandlers an.
Delta-Sigma Audiowandler haben in der Regel nur ein Bit, arbeifen dafür mit extrem hohen Oversampling.

Was als Konversionsgewinn in einem SDR Empfänger rauskommt, möchte ich anhand von Messungen
an meinem Perseus-RX aufzeigen. Ich verwende zu diesem Zweck allerdings nicht die Original-Software sondern meine Eigene.

Die 4 Bilder in der Beilage zeigen den Signalverlauf innerhalb des Empfängers:

Als Testsignal wurde ein Signal mit einer Frequenz von 1 MHz und einem Pegel von -82 dBm verwendet.
-82 dBm entsprechen einem Signal zwischen S7 und S8.

Bild1 zeigt dieses Signal direkt nach dem Analog/Digital-Konverter.
Der ADC arbeitet mit 14 Bits und 80 MSamples/s.
Eine Signalperiode wird demnach 80 Mal abgetastet. Da die x-Skala um den Faktor 2 gedehnt wurde zeigt die Grafik eine Periodendauer von 160 auf.
Das Signal ist so stark verrauscht dass es kaum erkennbar ist.




Die Datenrate dieses Signals wird nun im Downkonverter soweit dezimiert damit das Signal mit einer tieferen Rate via USB zum PC übertragen werden
kann. Das wird im Perseus mit einem FPGA realisiert, es gibt jedoch auch spezielle IC's dafür.

Bild2 zeigt nun was aus dem Perseus-Kästchen rauskommt:Es ist ein I/Q Signal welches schon 2x24 Bit Auflösung hat und
viel weniger verrauscht ist. Allerdings beträgt die Bandbreite hier nur noch 250 kHz. Dieses Signal wird nun vom PC weiter verarbeitet.



Bild3 zeigt das selbe Signal nach einer weiteren Dezimation. Hier beträgt die Bandbreite nur noch 25 kHz.
Das Rauschen ist fast nicht mehr sichtbar.



Bild4 zeigt das Audiosignal mit 2.4 kHz Bandbreite. Das Rauschen ist hier nicht mehr sichtbar.



Das Rauschen in Bild1 ist sicher um den Faktor 100 grösser im Vergleich zu Bild 4.
Dies entspricht 40 dB Gewinn.

Nebenwellen, Intermodulationsprodukte etc. werden jedoch dadurch nicht 40 dB verbessert.
Dies muss mit einem Presektor-Filter oder einem besseren ADC realisiert werden.

Die Praxis zeigt, dass ein Preselektor nicht unbedingt notwendig ist.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag etwas zum Verständnis dieser Technologie beigetragen habe.

73 de
Paul (HB9DFQ)


  

1 Kommentar:

Hansjoerg hat gesagt…

Danke Paul, für dein schönes Praxisbeispiel!

Doch, doch, einen Preselector braucht es. Nicht ohne Grund hat Hans Zahnd in seinem ADAT einen mit 48 Filtern eingesetzt.

Natürlich kann man den Pegel auch mit dem Abschwächer in den grünen Bereich bringen. Aber warum soll man damit wegen Radio China den Dynamikbereich zu höheren Pegeln hin verschieben und Empfindlichkeit verlieren?

73 de Hansjörg HB9EWH