Mittwoch, 13. Mai 2015

Millimeterwellen

    Die wenigsten Funkamateuren werden je das Vergnügen haben, im Millimeter-Aether zu lauschen, geschweige denn dort zu senden. Viele OM dürften schon längst vergessen, dass wir Bänder im EHF Bereich haben (Extrem High Frequencies 30 - 300 GHz) zur Verfügung haben.

Während man für das oberste Zentimeterwellen-Band bei 24 GHz (1.2cm) immerhin noch Transverter kaufen kann, ist darüber fertig lustig. Bauanleitungen und Bauteile sind nur sehr schwer zu beschaffen und ohne feinmechanisches Talent ist es im Millimeterbereich ziemlich hoffnungslos.

Das erste Millimeterband liegt bei 47 GHz. Dann folgt eines bei 76 GHz, ein Band bei 122 und eines bei 134 GHz. Wer noch höher hinaus will, findet bei 241 GHz eine weitere Herausforderung. Ein Rundhohlleiter hat dort noch eine Öffnung mit 0.8mm Durchmesser!

Die dortigen Amateurfunkbänder sind riesig - mehrere Gigahertz breit. Platz hat es also mehr als genug. In UK sind es gerade mal 8 Stationen, die dort Versuche unternehmen.
In ganz Europa werden es wohl kaum mehr als zwei Dutzend sein.

Die Ausbreitung der Millimeterwellen gleicht dem Licht. Und damit ist auch unsere Atmosphäre nicht mehr ganz durchsichtig für diese Wellen. Sauerstoff und Wassermoleküle absorbieren die Wellen und sorgen für eine zusätzlich Dämpfung, neben der normalen Streckendämpfung durch die "Verdünnung" der Wellen:



Die gestrichelte Linie zeigt die Absorption durch den Wasserdampf und die durchgezogene steht für die Absorption durch den Sauerstoff. Im nächsten Bild sehen wir die Kombination von beiden auf Meereshöhe:

    Wie wir sehen, spielen diese bei 10 GHz noch keine wesentliche Rolle, doch bereits im 24 GHz fängt der Spaß an. Richtig gruselig wird es bei 60 GHz. Dort hat die Absorption durch die Sauerstoffmoleküle einen ersten Peak und wir müssen mit einer Zusatzdämpfung von 10 bis 20 dB rechnen (je nach Höhe über Meer und Wetter) und das pro Kilometer. Gut haben wir dort kein Amateurfunkband, denn nach wenigen Kilometern wäre bereits Schluss. Für gewisse kommerzielle Verbindung ist das 60 GHz Band jedoch ein Hit: Kurzstreckenverbindungen sind dort sehr abhörsicher.
Unser 47 GHz  Band liegt da gerade goldrichtig in der Dämpfungssenke.
Das 122 GHz Band liegt aber weniger günstig und "profitiert" vom zweiten Sauerstoff-Peak bei 118.5 GHz. Für Funkamateure ist es deshalb nicht interessant und das ist wohl auch der Grund, wieso wir ein zweites Band bei 134 GHz zugeteilt bekamen.
Dort liegt die Zusatzdämpfung durch die Atmosphäre bei rund einem dB pro km. Das höchste Band (in der Schweiz übrigens von 241 bis 250 GHz) liegt zwar auch in einer Dämpfungssenke, trotzdem müssen wir dort bereits mit 2 bis 3 dB pro Kilometer (je nach Höhe und Wetter) rechnen. Immerhin könnten wir dort noch bis in den Weltraum funken, sofern der Satellit direkt über unseren Köpfen steht und die Wellen deshalb keine längere Distanz durch die Atmosphäre zurücklegen müssen. Aber dies auch nur bei wolkenlosen Himmel. Wolken sind für Millimeterwellen zusätzliche Hindernisse. Die gestrichelte Linie im ersten Bild steht ja nur für die Absorption durch den (unsichtbaren) Wasserdampf in der Luft. Wolken bestehen aber aus winzigen Wassertröpfchen, bzw. Eiskristallen.
Schon im 10 GHz-Band kann man erleben, wie gut Gewitterwolken die 3 cm Wellen reflektieren, streuen und absorbieren.



















In diesem Bild mit dem ganzen Spektrum der elektromagnetischen Wellen sehen wir, wie schmal unser Fenster zum Weltraum ist. Hier der Ausschnitt 0-300 GHz im Detail.

Doch die schwierige Ausbreitung der Millimeterwellen und der Mangel an Equipment, bzw. die Schwierigkeit solches zu bauen, sind nicht die einzigen Hindernisse auf dem Frequenzweg nach oben.

Unsere Transceiver haben in der Regel eine Frequenzgenauigkeit von +/-0.5ppm. Am Ende des 160m Bandes, bei 2 MHz, bedeutet das 1 Hertz maximale Abweichung und auch auf 2m können wir damit rechnen, die Frequenz noch auf 72 Hz genau zu treffen.
Doch auf 241 GHz bedeuten 0.5ppm 120.5 kHz. Stellt euch vor, ihr müsstet nach einem CQ-Ruf auf dem 10m Band ganze 240 kHz absuchen um die Gegenstation zu finden!
Ohne Anbindung des Lokaloszillators an eine hochgenaue und stabile Frequenzreferenz geht im Millimeterwellen- Aether nichts.

Zumal noch ein weiteres Problem hinzukommt: Die Leistung, die mit Amateurmitteln erzeugt werden kann, ist sehr gering. Wer ein Milliwatt macht, ist eine QRO-Station. Auch die Empfängerempfindlichkeit ist mangels geeigneter Vorverstärker nicht sehr gut. Deshalb müssen stark bündelnde Antennen verwendet werden. Diese sind sehr schmal - der Strahl ist nur Bruchteile eines Grades breit, und es werden deshalb zum Ausrichten auf die Gegenstation Zielfernrohre verwendet.
Allerdings sind die Antennen nur winzig.
Ein Hornstrahler bei 241 GHz gleicht einem Schnapsglas ;-)

Wer mehr über den Millimeterfunk erfahren möchte, dem kann ich diese Präsentation von Roger G8CUB und Chris G0FDZ empfehlen. Bereits die Bilder sind sehr eindrücklich.