Vor ein paar Tagen habe ich etwas getan, das ich eigentlich nie mehr tun wollte. Ich habe ein Gerät gekauft, das neu auf dem Markt ist. Allerdings keinen Transceiver, sondern einen Remote Tuner:
Einen JC-4 der holländischen Firma Stockcorner.
Es ist einer jener Tuner, die direkt am Speisepunkt der Antenne montiert werden, um diese optimal an das Koaxialkabel anzupassen. Denn ein Tuner in der Funkbude ist zwar eine wunderbare Sache, doch ab einem gewissen SWR wird die Leistung hauptsächlich im Koax verbraten (es sei denn, der OM benutzt eine Zweidrahtleitung).
Heute morgen habe ich dann wieder etwas getan, was man eigentlich nicht tun sollte:
Kaum ausgepackt (Nein, ich habe keines dieser unsäglichen "unpacking videos" gemacht), habe ich den Tuner auseinander genommen und seine Innereien genau unter die Lupe genommen.
Denn der JC-4 verspricht viel, zum Beispiel:
- 1kW PEP SSB
- 2 Antennenausgänge für den Anschluss z.B. einer Langdraht und einer Vertikal. Es kann, ohne Retuning, zwischen den Ausgängen umgeschaltet werden. Das ermöglicht einen raschen Antennenvergleich.
- 80uH maximale Induktivität. Mehr als die meisten anderen Tuner (CG-3000: 32uH) und das bedeutet, dass damit auch sehr kurze Antennen angepasst werden können.
- Die Antennen werden beim Ausschalten der Speisung geerdet.
- 6pF Schritte am Ausgang. Das ist sehr wenig und ermöglicht eine gute Feinabstimmung. Selbstverständlich ist auch dieser Tuner, wie alle anderen, in Pi-Konfiguration geschaltet (Tiefpass). Diese Konfiguration bietet in den meisten Anpassungsfällen den besten Wirkungsgrad.
- Der Tuner kann, wenn gewünscht, direkt mit den Tuner-Ausgängen der gängigen Japan-Geräte angesteuert werden. In den übrigen Fällen wird ein mitgeliefertes Kästchen benutzt, das auch eine Umschaltung zwischen den beiden Ausgängen ermöglicht.
- Der Tuner ist auch während des Betriebs gegen statische Aufladung der Antenne geschützt. Selbstverständlich aber nicht gegen direkten Blitzschlag.
- Wird nur eine Antenne benutzt, kann direkt ein Dipol an die beiden Ausgänge angeschlossen werden.
Ob das Teil wirklich hält, was es verspricht, werde ich in den nächsten Monaten ausprobieren und dann in diesem Blog darüber berichten.
Vorerst muss ein Blick in sein Inneres genügen.
Der Tuner ist als Doppeldecker aufgebaut. Oben sitzen die Spulen, unten die Kondensatoren.
Die Platinen sind professionell gemacht und bestückt. Die meisten IC's sitzen in Sockeln und können daher im Reparaturfall rasch ausgetauscht werden. Allerdings bedeutet jeder überflüssige Steckkontakt auch eine zusätzliche Fehlerquelle.
Zur Fehlersuche dienen LED-Anzeigen auf dem Unterdeck. Sie sind aber nur zu sehen, wenn der Tuner auseinander genommen wird. Die Relais sind Markenware von Omron. Die Spulen sind als Luftspulen auf Spulenkörper aus Kunststoff gewickelt. Und da habe ich schon wieder etwas getan, was man eigentlich nicht tun sollte:
Ich habe ein Stück abgeschnitten und eine Brennprobe gemacht.
Ich bin zwar kein Kunststoffspezialist, aber ich tippe mal auf PVC.
Das ist keine schlechte Wahl. Besser wären natürlich Keramik-Spulenkörper. Doch das liegt bei einem Preis von 499 Euro sicher nicht drin.
Daher wurde auch bei den Kondensatoren gespart, wie bei der Inspektion des Unterdecks offensichtlich wurde. Pakete von preiswerten Kerkos sitzen an den meisten Plätzen. Glimmer wurden nur an kritischen Stellen eingesetzt. Ob sich das im harten Altagsbetrieb bewähren wird, werden wir sehen. Denn die Spannungsfestigkeit ist in Tunern (und auch Sende-TPF) leider nicht das einzige Kriterium. Die Kondensatoren müssen zum Teil auch recht große Blindströme bewältigen!
Sogar bei den Elkos in der Steuerung wurde gespart. Anstatt 105 Grad Typen sitzen dort nur 85er. Im Innern von Remote Tunern wird es oft ziemlich heiß. Die ersten Komponenten, die demzufolge bei normalem Betrieb ausfallen dürften, sind die Elkos.
Gelötet wurde professionell, soweit ich das beurteilen kann. Der JC-4 macht einen sehr guten Eindruck, wenn man bedenkt, dass es sich wohl um eine erste Kleinserie handelt. Guckt man zum Vergleich in einen MFJ Tuner kommen einem die Tränen.
Das Gehäuse ist spritzwasserfest und aus verständlichen Gründen habe ich hier auf eine Brennprobe verzichtet. Einzig die beiden Antennenausgänge ohne zusätzliche Durchführungsisolatoren scheinen mir etwas gewagt. Nicht für den normalen Betrieb. Doch auf Booten und an der Küste könnte sich rasch ein leitender Salzfilm auf dem Gehäuse bilden, und daher sollte in diesen Fällen der Tuner zusätzlich durch eine Abdeckung geschützt werden (Installation unter einem umgedrehten Papierkorb/Kübel aus Kunststoff).
Leider liefert Stockcorner kein Schema zum Tuner. Dabei ist es heutzutage kein Geheimnis, wie man solche Dinger baut. Daher kann ich z.Z. die Schaltung nicht beurteilen und einiges bleibt somit im Dunkeln. Dafür strotzt das Manual nur so von Warnungen.
1kW PEP gelte nur bei SSB und Drähten mit einer bestimmten Länge. Und bei Dauerbetriebsmodi, sogar auch bei CW, gelte eine Limite von 300W und auch das auch nur bei kurzen Durchgängen.
Nur bei Betrieb mit 100W könne bedenkenlos Betrieb auch mit einer 6m langen Antenne von 160 bis 6m gemacht werden.
Aus der Traum vom Kilowatt-Tuner? Hätte ich den grösseren, zur Zeit wegen Beschaffungsproblemen bei den Bauteilen nicht erhältliche, 4kW-Tuner bestellen sollen?
Nein. Stockcorner ist bloß ehrlich und schreibt klar und deutlich, was andere verschweigen. Wie viel ein Remote Tuner verträgt, der direkt am Speisepunkt der Antenne hängt, ist in einem enorm großen Bereich von der Antennenimpedanz abhängig. Absolute Werte anzugeben ist gewagt.
Besonders der gutgläubige OM mit bescheidenem Rucksack ist dann sehr enttäuscht, wenn sein Tuner plötzlich abraucht.
Generell sind kurze Antennen für lange Bänder kritisch, ebenso Antennenlängen in der Nähe von Lambda/2 bzw. ein Vielfaches davon. Im ersten Fall muss der Tuner sein ganzes Arsenal an Induktivitäten zuschalten, im zweiten Fall muss er sehr große Spannungen abkönnen. Der OM hat also die Wahl zwischen Hitzetod oder Exitus durch Hochspannung.
Wer die Impedanz seiner Antenne kennt, schläft ruhiger. Er kann dann die gemessenen Werte zum Beispiel hier eingeben und so besser abschätzen, was sein Tuner leisten muss.
Unter uns gesagt: Ich habe meinen CG-3000 (ein 200W Tuner) auch schon mit 800W in SSB betrieben. Und er ist immer noch frisch wie ein Ei direkt von der Henne.
Soweit mein erster Bericht zum JC-4. Da die Bilder (insbesondere des Unterdecks) auf der Stockcornerseite nicht sehr aufschlussreich sind, hier die Serie, die ich geschossen habe:
Ob der JC-4 wirklich der Hilberling unter den Tunern ist, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Ich bin jedenfalls zuversichtlich. Was ich bisher gesehen habe, gefällt mir.
Auf jeden Fall hat es Spaß gemacht, das Ding zu zerlegen und das ist schon mal die halbe Miete. Es hat mich daran erinnert, wie ich als kleiner Junge den Radioapparat meines Großvaters auseinandergenommen habe. Er hat darauf nie mehr richtig funktioniert (Der Apparat, nicht der Großvater)
So, jetzt muss ich den JC-4 zuerst mal wieder richtig zusammensetzen :-)
PS. Heute Nachmittag habe ich ihn wieder zusammengesetzt. Und wie beim Radio meines Großvaters hat er natürlich nicht funktioniert. Er klapperte zwar, doch ein SWR schien er nirgends zu entdecken. Typisch Anton, dachte ich, no risk no fun. und habe nochmals den Deckel abgeschraubt. Klar hatte ich vergessen, ein Kabel auf dem Unterdeck einzustecken.
Jetzt funktioniert er perfekt. Immer 1:1, mit allem was irgendwie nach einer Antenne aussieht. Ich denke, er würde auch eine nasse Schnur anpassen ;-)