Sonntag, 16. August 2015

Gute alte KW-Transceiver: Teil 2, die Kenwoods

Die japanische Firma Kenwood ist etwas älter als Icom und wurde im Jahr 1946 gegründet. Entgegen landläufiger Meinung produziert der Funkgerätehersteller jedoch keine Küchengeräte. Das tut die gleichnamige englische Firma Kenwood, die zwar ein ähnliches Logo, aber sonst nichts mit der japanischen Kenwood zu tun hat. Der etwas abschätzige Kommentar: "Du funkst mit einem Küchenmixer" fußt auf einer Verwechslung.

Mein erster Kenwood war ein TS-510, damals in Europa noch unter dem Namen Trio vertrieben. Darauf folgte der TS-515 und schließlich der TS-520 und TS-520S (mit 160m Band).

Der TS-520 wird oft auf dem Internet angeboten, doch das Gerät ist kein guter Kauf. Der Empfänger ist abends auf 40m an einer anständigen Antenne unbrauchbar (IMD). Überhaupt empfehle ich jedem Newcomer, von alten Röhrengeräten Abstand zu nehmen - mit wenigen Ausnahmen, auf die ich noch kommen werde. Die Großsignalverträglichkeit und Signalstabilität dieser Geräte ist ungenügend und die Bedienung umständlich. Viele Features fehlen, die heute selbstverständlich sind. Diese Geräte gehören ins Museum oder auf den Schrottplatz.


Doch robust sind diese Kisten, das muss man ihnen lassen. Sonst wären sie nicht mehr so zahlreich vorhanden.

Auch die Geräte der Einer-Serie würde ich heutzutage nicht als Gebrauchtgeräte kaufen: angefangen beim TS-120, über den TS-140 bis zum TS-180. Der Empfänger des 120er entspricht nicht mehr heutigen Anforderungen und hat wie der 130er kein 160m Band. Die VFO's müssen einige Zeit warmlaufen, damit sie stabil sind. Anstelle der heutigen digitalen Signalaufbereitung wurden damals noch freilaufende LC-Oszillatoren verwendet (VFO = Variable Frequency Oscillator). Zudem sind die alten Endstufentransistoren viel empfindlicher als die heutige Typen. Wie auch beim 520er, braucht man zum Split-Betrieb den Zusatz-VFO.

Auch den TS-430 würde ich nicht kaufen. Er entspricht etwa dem FT-857 von Yaseu, der in der gleichen Zeitperiode auf den Markt kam. Seine Nachfolger waren der TS-440 und der TS-450.
Von diesen beiden ist der TS-440 die bessere Wahl. Natürlich nur, wenn er entsprechend günstig angeboten wird. Und das heisst unter 400 Euro. Denn für das Doppelte bekommt man bereits den TS-480, der zwar auch nicht mehr der Neuste ist, aber immer noch produziert wird. Ein ausgezeichnetes Gerät - der letzte der Serie in Analogtechnik (DSP nur in der NF).

Hier der TS-440:

 Das Gerät hat alles was man braucht. Doch wie bei allen Geräten der Vor-DSP-Ära sind ggf. auch die optionalen Quarzfilter nachzubestücken. Zudem darf man nicht vergessen, dass Ersatzteile kaum mehr zu bekommen sind. Da geht die Rechnung nur auf, wenn der Preis entsprechend niedrig ist.

Über die Geräte der 5er Serie haben wir ja bereits gesprochen. Hier wird es meiner Ansicht nach, erst ab dem TS-570 interessant.


















Sein Vorgänger, der TS-530 war ja noch ein Röhrengerät - das heißt mit einer Röhrenendstufe, die umständlich abgestimmt werden muss.
Der TS-570 war der Einstieg Kenwoods in die HF-DSP. Wie auch bei ICOM empfielt es sich, diesen ersten Schritt zu überspringen. Kein Wunder, liest man in Kommentaren von Benutzern, dass sie die Empfänger seiner analogen Vorgänger TS-440/450 besser finden. Besonders bei CW treten in älteren DSP-Geräten oft Artefakte auf, die einem das Hören nach kurzer Zeit verleiden.
Sein Nachfolger war übrigens der TS-590, der erst kürzlich durch den TS-590SG ersetzt wurde.
Ein älterer TS-590 zu einem günstigen Preis könnte ein Schnäppchen sein. Doch bestimmte Probleme mit der Senderendstufe hat viele OM in Versuchung geführt, mit dem umfangreichen Abgleich-Menu herumzuspielen. In diesen Fällen könnte ein kompletter Neuabgleich in einer Fachwerkstatt notwendig werden.

Doch bleiben wir bei den älteren Semestern. Denn wir wollen ja eine gute und günstige Occasion. Und mit etwas Glück und ein bisschen Draht, kommen wir so zu einer Kurzwellenstation unter 500 Euro, die auch heute noch auf den Bändern mithalten kann.

Bei Kenwood bleiben uns da noch die 8er und die 9er Schlachtschiffe. Den in die Jahre gekommenen TS-2000 lassen wir mal außen vor - er wird immer noch produziert. Kenwood hat einen längeren Innovationszyklus als die Konkurrenz ;-)

Den TS-830 können wir ruhig überspringen, er ist ein Gerät mit Röhrenendstufe, einem VFO und mäßigen Empfangseigenschaften. Doch danach wird es interessant. Der TS-850 ist ein ausgezeichnetes Gerät aus der Analog-Ära. Er konnte mit einer zusätzlichen DSP Einheit ergänzt werden für die digitale Signalaufbereitung im NF-Bereich. Doch ohne ist er ein reiner Analog-Transceiver.

 Menu hat er auch keins. Alles befindet sich auf der Frontplatte, was der OM braucht. Seine ZF-Filter sind Quarzfilter und wehe sie sind nicht bestückt: dann wird es teuer, sofern man die Filter überhaupt noch auftreiben kann (erste ZF 8.83 MHz).
Diese Sorgen kennt sein Nachfolger TS-870 nicht. Er ist bereits ein Gerät mit ZF-DSP. Aber eben auch einer aus der ersten DSP Generation:
























Ein sehr schönes Gerät und ein Schmuckstück für den Stationstisch. Deshalb oft überzahlt. Ich würde den TS-850 vorziehen. Meines Erachtens war sein Empfänger besser....und klang vor allem besser. Diese Geräte sind in der Lage, SSB mit erweitertem Frequenzbereich zu senden, so genanntes ESSB und sind deshalb bei KW HiFi-Freaks beliebt. Das erklärt zum Teil auch die hohen Gebrauchtpreise.

Obschon diese Transceiver bereits wie "Schlachtschiffe" aussehen: die Geräte der 9er Serie sind noch wuchtiger. Der erste dieser Reihe ist der TS-930S, und ich würde dieses Gerät allen seinen Nachfolgern vorziehen.

















Dieser Transceiver ist nicht so sehr mit Bedienungselementen überladen wie seine Nachfolger TS-940 und TS-950. Seine Frontplatte wirkt aufgeräumt und doch ist alles da, was der OM braucht. Inklusive einem wunderbaren Analog-Instrument.

Natürlich stehen diese Geräte heutzutage in der berühmt- berüchtigten Sherwoodliste weit unten. Aber das heißt nicht, dass sie für den "normalen" Amateurfunkbetrieb nicht mehr zu gebrauchen sind. Ich finde, dass ein Transceiver irgendwie zur Antenne passen sollte. Ein Hilberling an einer simplen Drahtantenne ist m.E. ein Overkill und ein alte Kiste wird an einer Topshot-Antennenanlage überfordert sein. Der Hardcore-Contester wird über diese alten Kisten vielleicht nur die Nase rümpfen, doch der Newcomer wird damit und mit seinem Dipol die ganze Welt arbeiten und kaum je ein QSO verpassen, nur weil sein Gerät nicht den neusten BlingBling hat.