UKW-Amateure waren früher eine aparte Spezies. Belächelt durch die "Vollwertigen" - die Kurzwellenamateure - beschränkt auf Wellen, die scheinbar kaum um die nächste Hausecke reichten. Wer die Morseprüfung nicht schaffte, war ein armes Schwein, und das erhielt in der Schweiz ein HB9M Rufzeichen. Später, als die M's ausgegangen waren, kamen dann die P's dran, während die "Vollamateure" zuerst die A's und später die Buchstabengruppen B und C erhielten.
Auch ich gehörte anfänglich zu den Minderbemittelten. Beim ersten Mal, mit 18, hatte ich es "vermorst" und griff dann nach dem Notnagel UKW-Lizenz. Mein Rufzeichen war damals HB9MBS.
Von den morsenden Amateuren nicht für voll genommen, ja manchmal gemieden, fristete ich mein erstes Funkerdasein im 2m Band. In AM und mit einem einzigen Sendequarz. Mehr gab das Taschengeld nicht her. Trotzdem war es eine spannende und lehrreiche Zeit.
Erst beim zweiten Mal klappte es mit dem Morsen und ich stieg auf in die Liga der Erlauchten, die rund um die Welt funken durften.
Trotzdem haben mich die ultrakurzen Wellen nie losgelassen und ich habe sie auch nie ernsthaft im Stich gelassen.
Die Siebziger und Achtziger waren die grosse Zeit der UKW-Amateure. Viele von ihnen waren technisch sehr versiert und gehörten zu der technologischen Avantgarde des Amateurfunks. Nicht die Kurzwellenamateure der
Honor Roll waren die treibende Kraft der technischen Entwicklung des Amateurfunks, es waren die oft geschmähten UKW-Amateure.
Die Bänder 2m und 70cm sprühten damals vor Leben. Man funkte in SSB mit horizontal polarisierten Richtantennen über Distanzen, die heute jeden Relaisfunker erblassen lassen würden. Verbindungen von Süddeutschland quer über die Alpen nach Italien waren an der Tagesordnung. es brauchte dazu nicht einmal Tropo-Überreichweiten, die Mehrfach-Diffraktion an den Alpenkämmen reichte vollauf.
Gebaut, experimentiert und publiziert wurde an vorderster Wellenfront. Die Bücher von
DJ9HO gehörten damals zu meiner Standard-Lektüre.
Doch dann war plötzlich Schluss. Innert kurzer Zeit verwaisten die ultrakurzen Bänder, die SSB-Signale wurden immer seltener. Was war geschehen?
Es war die Abschaffung der Morseprüfung, die zum "Tod des UKW-Amateurs" geführt hat.
Plötzlich durften auch die OM, die die Prüfung ohne Morsen bestanden hatten, auf Kurzwelle funken. Dabei spreche ich nicht von den heutigen HB3 oder DO Einsteigerlizenzen. Nein, die HB9M etc.wurden über Nacht zu vollwertigen Kurzwellenamateuren mit 1 Kilowatt auf allen Bändern.
Aus dem scheinbaren Gefängnis der ultrakurzen Wellen entlassen, wollten die meisten von ihnen den Duft der weiten Welt schnuppern und verschrieben sich dem großen DX. UKW verkümmerte. Die UKW-Geräte wurden in den Keller oder auf den Dachboden verbannt.
Inzwischen hatte nämlich noch eine andere Entwicklung eingesetzt:
FM begann SSB zu ersetzen und der Hardcore-Teil unter den UKW-Amateuren begann, Relaisstationen zu bauen. Sie waren ja die Techniker unter den Funkamateuren und hatten das Know-how dazu. Zugegeben, es war ja auch eine spannende Aufgabe - eine grosse Herausforderung.
Hinfort genügte ein weißer Stängel (Blindenstock) auf dem Dach, um die Bedürfnisse des Ortsfunks abzudecken. Mehr war auch nicht nötig - die Kurzwelle erledigte den Rest.
Inzwischen sind viele Jahre ins Land gegangen und es gibt mehr Relaisstationen als es je gegeben hat. Die Relais sind vernetzt, mit dem Internet verbunden und funken jetzt nicht nur in FM, sondern in D-Star, C4FM und DMR. Doch die meisten Stationen rauschen vor sich hin. Die OM haben sich dem Computer zugewandt und die Hardcore-Amateure der nächsten Herausforderung: dem
Hamnet.
Doch die Renaissance ist im Gange. Altes wird wieder neu entdeckt, neue Hard- und Software ermöglichen Verbindungen und Experimente im UKW und Mikrowellengebiet, von denen der OM bisher nur träumen konnte.
Drei Faktoren werden m.E. diese Renaissance in den nächsten Jahren verstärken:
1. Die zunehmende Verseuchung der Kurzwellen durch PLC etc.
2. Die "Verdichtung" des Funkamateurs, die keine großen Antennen mehr zulässt.
3. Das Sonnenflecken-Minimum, das die OM in den nächsten Jahren auf die längeren KW-Bänder beschränken wird.
Fortsetzung folgt....
Bild von HB9DTZ: Frequenzsprung eines 10 MHz OCXO beim Lagewechsel.
PS. Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich die leisen Signale der Bake auf dem
Monte Tamaro im Tessin, 158 km weit weg, auf der anderen Seite der Alpen. Nicht auf Kurzwelle - auf 10 GHz.