Samstag, 14. März 2015

Sprachkompression bei SSB – Teil 2


Um in SSB unter schwierigen Umständen optimal zu kommunizieren, müssen also die mittleren Frequenzen bevorzugt und die Dynamik verringert werden.
Neben analogen und digitalen Verfahren im Audio-Bereich, also zwischen Mikrofon und Modulator, kann man die Kompression auch „über Bande spielen“.

Eine auf den ersten Blick etwas verwirrende Methode: Das Audio-Signal wird auf ein HF-Signal amplitudenmoduliert. Dann durchläuft dieses Signal einen Begrenzer (Clipper) und wird nach einem HF-Filter wieder demoduliert. Die Verzerrungen entstehen dabei im HF-Bereich und werden ausgefiltert. Das resultierende Audiosignal ist verzerrungsfrei und je nach Clippgrad komprimiert. Erst jetzt gelangt es in den richtigen Sendermodulator.

Ein solcher HF-Clipper wird u.a. Von Joachim Münch, DJ4ZF, angeboten. Eine Version passt dabei perfekt in das MH31 von Yaesu. Dieses Mikrofon wird mit dem FT-817, FT-857 und FT-897 mitgeliefert. Es hat im Original eine große dynamische Kapsel. Leider nicht mit einem optimalen Frequenzgang und es klingt daher (je nach Sprecher) ziemlich dumpf. Abhilfen habe ich hier und hier beschrieben. Damit erreicht man schon eine wesentliche Verbesserung.

Doch der HF-Clipper von OM Joachim bringt noch mehr, wie ich feststellen konnte. Zuerst hatte ich mir das MH-31 mit Joachims Clipper von einem Freund ausgeliehen. Nach einigen Tests und Vergleichen, habe ich mir dann selbst einen Clipper bestellt. Das hat perfekt geklappt und der Einbau in das MH-31 ist nicht schwierig und meines Erachtens auch von „Steckdosen-Amateuren“ zu schaffen. Fehlt beim Löten die ruhige Hand, empfehle ich einen Schnaps.

Joachim ist außerordentlich hilfsbereit und seine Einbauanleitung ist unmissverständlich. Der HF-Clipper passt anstelle der dynamischen Mikrofonkapsel in das Gehäuse des MH-31. Eine Elektretkapsel sitzt bereits auf der Unterseite des Prints. Mit dem Schalter auf der Mikrofonrückseite lässt sich der Clipper ein- und ausschalten.

Ausgeschaltet ist das modifizierte Mikrofon bereits ein Genuss. Die Elektretkapsel allein ist besser als die originale dynamische Kapsel. 
Wird der Clipper zugeschaltet, erhöht sich die mittlere Sprechleistung – ich nenne das Talk Power – um ca. 6 bis 9 dB. Das komprimierte Signal ist jedoch nicht für HiFi-Ohren gedacht und der Clipper sollte deshalb nur benützt werden, wenn man ihn wirklich braucht – als QRM-Bohrer. 
Denn beim Clipper geht es nicht um Schönheit, sondern um Verständigung.

Modulationstests mit anderen Stationen sind nicht einfach, wie ich erfahren konnte. Was der eine noch gut findet, ist für den anderen schon ein Graus. Besonders das „geclippte“ – oder schreibt man clippierte? – Signal sollte unter schwierigen Bedingungen getestet werden. Also in QRM, QRN und an der Grasnarbe.

Durch den HF-Clipper gewinnt man also mindestens eine S-Stufe. Um denselben Effekt zu erzielen, müsste man die Sendeleistung vervierfachen. 

Doch nicht immer wird die erhöhte mittlere Sprechleistung durch das S-Meter des Empfängers „honoriert“. Je nach AGC und Schaltung: Unter gewissen Umständen zeigt das S-Meter den Spitzenwert der Feldstärke und nicht deren Mittelwert. Doch das Ohr trügt nicht. Die Verständlichkeit wird bei mehr „Talk Power“ besser.
Clippgrad und Frequenzgang lassen sich an Joachims Schaltung mit zwei Trimmern einstellen. Interessanterweise bin ich nach vielem hin und her wieder bei den Einstellungen gelandet, die Joachim bei der Auslieferung eingestellt hat ;-)

Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Messung der Ausgangsleistung. Lese ich doch fast täglich verwirrendes Zeug in einschlägigen Foren:

PEP, Peak Envelope Power, ist die Spitzenleistung eines SSB-Senders und diese verändert sich nicht, wenn die mittlere Sprechleistung durch Kompression erhöht wird. Messen kann man sie nur einigermaßen zuverlässig mit einem PEP-Meter oder noch besser mit einem Oszillografen. Meistens entspricht aber der PEP-Wert der Ausgangsleistung in CW.
Die mittlere Sprechleistung zu messen, ist für den OM schwierig. Doch Vergleiche zwischen Geräten lassen sich einfach anstellen. Power-Meter auf Average und beobachten, um welchen Wert der Zeiger beim Sprechen der gleichen Worte schwankt. Da gehen dann manchen die Augen über. Während es beim einen Gerät bei „Eins-Zwei-Drei“ kaum den Zeiger lupft, pendelt bei einem anderen Gerät das Instrument um die 20 oder gar 30 Watt-Marke.
Das erklärt recht gut die zum Teil eklatanten Unterschiede im Æther ;-)


PS. Tipp für Relaismatiker: In FM Clipper bitte nicht benutzen. Und für 59-Brüller: Übersteuern führt bei vielen (Audio) Clippern/Kompressoren/Prozessoren zu Splatter.

Bild: Ihr wisst schon: diese Rittersleut....

Nachtrag 17:35, Artikel zum Thema von Martin G8JNJ