Wie
versprochen, beginnen wir heute mit dem Bau unserer FUNKPERLE. Dabei handelt es sich um eine sehr kurze
Antenne, die auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses installiert werden kann.
nach dem Motto “No Risk, No Fun” wählen wir das schwierigste Band: 160m.
Die FUNKPERLE läuft aber auch auf 80m, wie wir sehen
werden.
Die FUNKPERLE vermeidet die Fehler vieler
Wunderantenne und funktioniert deshalb für ihre Grösse sehr gut. Doch das
Prinzip ist keineswegs neu. Es ist nur im Laufe der Zeit vergessen gegangen.
Patentieren kann man sie daher nicht mehr. Wer sie kommerzialisieren möchte,
dem steht daher nichts im Wege.
Natürlich
kann auch die FUNKPERLE die Physik nicht
überlisten. Für das 160m Band ist sie viel zu kurz und der Wirkungsgrad
entsprechend gering. Aber wir holen aus dieser Antenne mehr heraus, als aus den
meisten kurzen Antennen, indem wir mögliche Verlustquellen vermeiden. Sie
enthält keine UNUNS oder Widerstände, ist in Resonanz und richtig angepasst und
das Koaxialkabel strahlt auch nicht. Dafür sorgt eine Mantelwellensperre am Einspeisepunkt.
Unser Mikrofon bleibt also cool. Die Resonanz ist übrigens sehr schmal wegen
der hohen Güte – ein gutes Zeichen – sie lässt sich aber auf einfache Weise
über das ganze Band abstimmen.
Die FUNKPERLE ist keine QRP Antenne, dafür ist sie zu
kurz, genauso wie das Leben. Sie verträgt die üblichen 100W. Doch Vorsicht! An
der Antenne herrscht Hochspannung! Ein richtiger Schwiegermutterkiller.
Gehen wir also in
einem ersten Schritt auf die Suche nach den benötigten Komponenten. Zuerst
brauchen wir eine Wäschekugel. Am besten fragt ihr eure Frau oder Freundin, die
weiss, was das ist. Man braucht sie um das Waschmittel direkt in die Trommel zu
geben. Hier ein Bild davon:
Je kugeliger, desto
besser. Als nächste Komponente brauchen wir ein Druckbleistift. Man findet ihn
in jedem Büro. Am besten fragt ihr euren Chef oder eure Sekretärin oder klaut
den vom griesgrämigen Kollegen, der immer über Antennen schimpft. Diese Sorte
hier ist gut geeignet:
Des weiteren benötigen
wir einen Korkzapfen. Wenn wir den nicht zur Hand haben, kaufen wir uns im
nächsten Laden siebeneinhalb Dezi trockenen Weisswein und machen uns einen
lustigen Nachmittag. Es ist ja für einen guten Zweck.
Ein weiteres wichtiges
Teil ist eine Kunststoff-Büchse mit 10cm Durchmesser und 15cm Länge. Metall
geht nicht. Karton ist aber akzeptabel. Ich bevorzuge diese hier:
Dazu braucht ihr aber
keinen Whirlpool anzuschaffen. Ihr könnt die Büchse auch so kaufen. Den Inhalt
schüttet ihr in Nachbars Biotop. Das hält die Mücken fern.
Dann brauchen wir noch
ein wenig Kleinmaterial wie Draht, Litze, Bananenbuchsen, eine PL oder BNC
Buchse – je nach Vorliebe, Klebeband etc.
Eines hätte ich
beinahe vergessen: das Pièce de résistance: Eine Fischrute, bzw. Angelrute.
Nackt, ohne Roller etc. Für den Anfang tut’s auch Bambus, das gibt der Antenne
einen natürlichen Touch. Für die 160m Version brauchen wir eine Rute von 3m
Länge. Für 80m reichen 2m. Mit einer 5m Teleskoprute habt ihr zwei Fische auf
einen Schlag. Die unteren drei Meter für 160, die oberen 2m für 80m. Dann könnt
ihr schon mal überlegen, wie ihr dieses Teil in finsterer Nacht, wenn der
Nachbar schläft, schräg aus eurem Balkon ragen lässt. Die Rute muss aus
Fiberglas und darf nicht aus Karbon sein. Letzteres ist nämlich nicht
HF-verträglich.
Schliesslich brauchen
wir noch eine Mantelwellensperre. Einen grossen N30 Ringkern von Epcos, den man
z.B. bei Conrad bestellen kann. Das sieht dann etwa so aus:
Voilà, jetzt wo wir
alles beisammen haben, können wir mit dem Bau unserer Wunderantenne beginnen.
Fortsetzung folgt, 73
de Anton
Niemand möchte eine
Antenne im Sack kaufen. Darum ist es höchste Zeit, euch das Schaltbild der
FUNKPERLE vorzustellen. Hier ist es:
Bei diesem Schema ist
die Antenne nur als Symbol oben im Bild eingezeichnet. Denn ob sie nun ein
Ofenrohr ist oder nur ein Draht, ist nicht so wichtig. Ich empfehle eine
Fischrute aus Fiberglas von 3m Länge, an der wir einen Draht festmachen. Das
Geheimnis der FUNKPERLE liegt nicht im Antennenstrahler, sondern bei der
Anpassung. Denn dort geht bei stark verkürzten Antennen der meiste Saft
verloren. Selbstverständlich dürft ihr die Fischrute als Wendel ausführen,
oder/und noch eine kleine Dachkapazität anfügen. Und wer möchte, kann sie sogar
doppelt so lange machen, also 6m. Der Wirkungsgrad wird entsprechend steigen.
Die Anpass-Schaltung
besteht aus einem Variometer. Dabei handelt es sich um eine Spule (L2), die
drehbar in einer zweiten (L1) angeordnet ist. Ist der Wicklungssinn der beiden
Spulen gleich, ist auch die Gesamtinduktivität am höchsten. Dreht man die
innere Spule um 180 Grad, wirken beide Spulen gegeneinander und die
Gesamtinduktivität ist am kleinsten. Mit einer solchen Anordnung kann ein
grosser Induktivitätsbereich abgedeckt werden. In unserem Fall etwa 70 bis 220
Mikrohenry. Übergangswiderstände, wie bei den Schleifern einer Rollspule,
entfallen. Das ist bei extrem kurzen Antennen wichtig, denn die
Kontaktwiderstände kommen rasch in die Grössenordnung des
Strahlungswiderstandes.
Mit dem Drehen der
kleineren Spule in der grösseren kann die Antenne auf Resonanz abgeglichen
werden. Doch damit ist die Impedanz des Koaxialkabels noch nicht an die
Impedanz der Antenne angepasst. Hier kommt der Abgriff an der Spule L1 zum Zug.
Mit ihm wird auf bestes SWR abgeglichen. Einmal eingestellt, braucht der
Abgriff nicht mehr verändert zu werden und kann fest verlötet werden. Man kann
dann durch Drehen von L2 über das ganze Band abstimmen. Der Abstimmbereich ist
sehr gross. Typisch von 1.6 – 2.5 MHz.
Es gibt keine andere
16om Antenne mit nur 3m Länge die das schafft. Automatische Antennentuner
versagen bei dieser Länge. Aber auch wenn sie anpassen könnten, wären die
Verluste aufgrund der verwendeten Schaltung viel zu hoch. Und bei kurzen
Breitbandantennen, wie sie für teures Geld angepriesen werden, wird die meiste
Energie im UNUN und den Widerständen verheizt. Nicht so bei der FUNKPERLE. Sie
holt das Maximum aus den drei Metern heraus und der Wirkungsgrad der Antenne
hängt vorallem vom verwendeten Gegengewicht ab.
Ein weiterer Vorteil
dieser Antenne ist der, dass sie immer geerdet ist und sich deshalb nicht
statisch aufladen kann. Der Empfang ist entsprechend ruhig.
Auch auf 80m kann man
das gleiche Variometer noch verwenden. Man verkürzt dann den Strahler auf
1.8-2m. In diesem Fall muss jedoch der Abgriff neu eingestellt werden.
Aber lasst uns zur Tat
schreiten. Widmen wir uns dem schwierigsten Teil: der Herstellung von L2. Diese
Spule soll in L1 drehen und wir führen sie deshalb als Kugelspule aus. Wer
keine Waschkugel findet, für den habe ich eine andere Lösung parat. Ich war
heute in der Landi und habe für drei Stutz drei Styropor-Bälle erstanden, mit
einem Durchmesser von 8cm. Genau richtig für die Kugelspule. Doch wie bewickelt
man eine Kugel, ohne dass die Windungen fortwährend auseinanderfallen?
Das geht am besten mit
doppelseitigem Klebeband, wie das folgende Bild zeigt. Neben der bewickelten
Styroporkugel ist eine unbewickelte zu sehen:
Es
müssen 45 Windungen aufgebracht werden. Ich habe dazu 1mm Kupferlackdraht
benutzt. Zum Schluss habe ich die Wicklung mit Araldit überzogen um sie
dauerhaft zu fixieren. Wie ihr sehen könnt, habe ich mit Wickeln nicht am
“Nordpol” begonnen, sondern etwa am Nordkap :-) und am “Äquator”
klafft eine Lücke. Dort wird dann die Drehachse durchgeschoben. Denn die
Kugelspule dreht sich, im Gegensatz zur Erde, nicht um die Polachse, sondern um
eine Äquatorachse. Gott sei Dank ist das bei der Erde nicht so, man stelle sich
das Durcheinander vor!
Mit der Kugelspule
haben wir den schwierigsten Teil hinter uns gebracht, der Rest ist Nasenwasser,
aber das folgt morgen.
73 de Anton
PS. Wer messen kann:
die Kugelspule sollte ca. 80-90 uH haben.
Nachdem wir eine
Kugelspule gebaut haben, können wir uns den leichteren Dingen zuwenden. Als
nächstes bauen wir die Spule L1. Dazu bewickeln wir die Kunststoffbüchse mit
ca. 40 Windungen 0.75er TF-Litze, 1mm Elekrtikerdraht oder ähnlichem. Im oberen
Drittel lassen wir eine Lücke, etwa bei der dreissigsten Windung. Dort
wird dann die Achse für die Kugelspule durchgeschoben:
Und damit sind wir bei
der nächsten Aufgabe, der Endmontage. Wir entfernen alle Metallteile aus dem
Druckbleistift und benützen es als Achse. Natürlich können wir auch ein
x-beliebiges Kusstoffteil benutzen, das wir aus dem Haushaltmüll fischen. Dann
bohren wir die Löcher für die Achse. Etwas zu klein, damit die Achse streng
sitzt und nicht von selber drehen kann, und stecken sie durch die Büchse, durch
die Kugelspule:
Jetzt greifen wir zum
Lötkolben, natürlich am richtigen Ende, und wir verbinden die beiden Spulen mit
einer feinen, flexiblen Litze und führen auch ein Stück Litze vom anderen Ende
der Kugelspule nach “draussen.” Dort wird dann die Antenne angeschlossen. Am
besten mache ich dazu ein Loch oben in die Büchse und montiere eine
Bananenbuchse. So habe ich einen “sauberen” Antennenanschluss. Oben ist
übrigens dort, wo die Büchse offen ist. Die Kugelspule sollte auch nicht mitten
in der Büchse sitzen, sondern am oberen Ende. Wir achten darauf, dass sich die
Kugelspule unbehindert über 180 Grad drehen lässt.
Unten an der Büchse,
dort wo die Wicklung von L1 anfängt, montieren wir ebenfalls eine Bananenbuchse
und löten den Anfang von L1 an. Hier werden der Mantel des Koaxialkabels (RG58)
und das Gegengewicht angeschlossen. Letzteres ist übrigens sehr wichtig und
entscheidet darüber, wie gut die Antenne funktioniert. Balkongeländer, Radials,
Blitzableiter usw. werden dort angeschlossen. Wenn die Antenne als Mobilantenne
benutzt wird, natürlich die Karosserie des Wagens.
Apropos Mobilbetrieb:
KW-Mobilantennen funktionieren nur deshalb so gut, weil das Auto die andere
(unabgestimmte) Hälfte eines Dipols darstellt. Notabene tiptop isoliert durch
vier Gummireifen. Voraussetzung ist, dass der Mantel des Koaxkabels fest mit
der Karosserie verbunden wird. Magnetfüsse sind für KW – besonders auf den
langwelligeren Bändern – unbrauchbar. Ihre Koppelkapazität ist für die
Kurzwelle zu schwach. Eine Mobilantenne für 80m die hinten an der Stoßstange befestigt
wird, bildet mit dem Auto zusammen einen angewinkelten Dipol. Nur so ist es zu
erklären, dass auch im 80m Band eine Steilstrahlung für Verbindungen außerhalb
der Reichweite der Bodenwelle zustande kommt.
Wollen wir von unserem
Balkon aus gut über die Ionosphäre wegkommen, sollten wir unseren Strahler also
möglichst waagrecht nach außen stellen. Eine schräge Position ist jedoch ein
guter Kompromiss.
Jetzt ist unsere
Anpassung für die 3m-Angelrute fast fertig. Fehlt nur noch der Abgriff. Der
findet auf den untersten Windungen der Spule auf der Büchse statt (L1), wie aus
dem Schema zu ersehen ist. Entweder mache ich die untersten 5 Windungen blank
und greife sie mit einem Krokodil ab, oder ich löte in gewissen Abständen
Bananenbuchsen ein: bei 1/2, 1, 2, 3 und 5 Windungen von der Erdbuchse aus
gesehen. Dort schließe ich dann die Seele des Koaxialkabels an, die ich mit
einem Bananenstecker versorgt habe.
Jetzt
rasch den Transceiver angeschlossen und dabei die Mantelwellensperre nicht
vergessen. Sonst gibt’s ein heißes Blechle ;-)
Das Abstimmen der
Antenne ist einfach: Transceiver auf Low Power und am Korken auf minimales SWR
einstellen. Es muss ein scharfer Dip sichtbar sein, da wir keine Übersetzung
auf der Achse haben. Anschließend den Abgriff mit dem kleinsten SWR wählen. Bei
jedem Abgriff muss die Abstimmung am Korken neu eingestellt werden.
Das SWR sollte unter
1:2 liegen. Das ist gut genug. Im 160m Band liegt die Bandbreite bei einigen
kHz. Bei jedem Frequenzwechsel muss die Antenne deshalb durch Drehung am Korken
nachgestimmt werden. Das ist kein Mangel, sondern ein Zeichen dafür, dass sie
wirklich gut funktioniert.
Fortsetzung folgt, 73
de Anton
Natürlich habe ich die
FUNKPERLE ausprobiert und einige QSO’s damit gefahren. Aber ich will euch nicht
mit Anekdoten langweilen. Denn ausgemessen habe ich sie nicht. Zu sagen: “ich
habe damit ein QSO über x-Kilometer gefahren und einen Rapport y bekommen”,
oder “ich habe sie mit Housis Kelemen verglichen und sie ist 1/3-S-Stufe
besser”, wäre unseriös. Das überlasse ich anderen Wunderantennen-Erfindern.
Dabei bin ich
eigentlich gar kein Erfinder. Ich habe nur das genommen und auf Kurzwelle
umgesetzt, was andere schon seit Jahrzehnten bei viel zu kurzen Antennen im
Lang- und Mittelwellenbereich tun: Ich habe meine Antenne nicht auf mysteriöse
und undurchschaubare Weise oder gar mittels eines strahlenden Koaxialkabels
angepasst, und ich habe auch nicht versucht, die Physik zurecht zu biegen,
sondern schlicht und einfach ein Variometer benutzt.
Das Geheimnis sehr
kurzer Antennen liegt nicht so sehr darin, was man als Strahler benutzt,
sondern 1. wie man sie anpasst und 2. wie gut das Gegengewicht ist.
Natürlich helfen dicke
Strahler und Dachkapazitäten, indem sie die Kapazität des Strahlers erhöhen und
damit die Induktivität in der Anpassung senken. Aber sie ziehen auch die Blicke
der Nachbarn auf sich. Daher habe ich mich mit einem dünnen Strahler begnügt
und versucht, die Anpassung so verlustarm wie möglich zu gestalten.
Doch was nützt die
beste Antenne, wenn man sie kaum abstimmen kann? Die FUNKPERLE ist leicht
abzustimmen und kann mit einem Handgriff über das ganze 160m Band nachgetunt
werden. Für 160m gehen Strahler von 3m bis 6m Länge.
Doch
etwas Vorsicht ist angebracht: erstens herrscht an der Antenne Hochspannung
(mehrere KV) und zweitens kann sie leicht durch die Umgebung verstimmt werden.
Kommt ihr also nicht zu nahe, wenn ihr damit sendet. Und denkt daran: Antennen
strahlen aus dem Strombauch heraus. Und der grösste Strom fliesst gerade am
Fusspunkt. Schon die ersten Dezimeter sollten so frei wie möglich sein und
nicht durch einen Blumentopf führen :-) Und noch was:
vergesst bitte die Mantelwellensperre nicht. Sie gehört ans Koaxkabel vor der
Einspeisung ins Variometer. Und vergesst auch das Gegengewicht nicht: es ist
entscheidend. Ohne Gegengewicht funktioniert die FUNKPERLE
nicht.Für meine Versuche habe ich zwei je 10m lange Drähte auf den
Boden gelegt – einen nach links, den anderen nach rechts.
Hier nochmals eine
kurze Zusammenfassung:
Wieso funktionieren
die meisten Wunderantennen?
1. Bei vielen strahlt das Koaxialkabel und weniger die
Antenne selbst.
2. Es ist sehr schwer eine Antenne zu bauen, die
überhaupt nicht strahlt.
Was macht die
Funkperle besser:
1. Die Anpassung erfolgt verlustarm, ohne UNUN,
Widerstände oder LC-Netzwerke.
2. Es strahlt die Antenne und nicht das Koaxkabel.
3. Sie lässt sich leicht abstimmen
Wie erwähnt, lässt
sich dasselbe Variometer auch für 80m benutzen. Der Strahler muss dann auf 1.8
– 2m verkürzt werden. Damit erzielt man natürlich kein DX und kein
Bombensignal. Aber in CW oder PSK31 sind schöne Europaverbindungen vom Balkon
aus möglich. Möglichst mit vollen 100W, denn QRP und Behelfsantennen vertragen
sich schlecht.
Und wer seine Nachbarn
bereits an Antennen gewöhnt hat, kann für 160m auch eine längere Fischrute
benutzen. 5 oder 6m helfen dem Signal mächtig auf die Sprünge.
Hier ein Bild vom Transceiver,
den ich für die Tests benutzt habe: Ein ICOM IC-7200:
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