Dienstag, 29. August 2017

Ein Baofeng für 15 Franken



Über die kleinen Handys aus China habe ich ja schon verschiedentlich berichtet. Die Geräte, die ich bisher auf dem Labortisch hatte, waren nicht sauber und hielten die Normen nicht ein. Ein Betrieb mit einem unmodifizierten UV3 oder 5 sollte deshalb tunlichst vermieden werden. Diese Handys sind Oberwellenschleudern und ihr CE-Zeichen ist Beschiss (CE = China Export). Das ist auch dem BAKOM aufgefallen. Unser Bundesamt für Kommunikation hat deshalb den Verkauf verboten.

Schon vor ein paar Jahren waren die Dinger sehr günstig und kosteten nur einen Bruchteil eines seriösen Amateurfunk-Handys. Doch wenn man meint, es könne nicht tiefer gehen, ist das ein Irrtum. Jetzt kann man ein Baofeng für das 70cm Band bereits für 15 Franken bekommen.

In meinem alten Blog habe ich das Baofeng UV3 beschrieben. Hier ein Blick zurück in das Jahr 2011:


Das BAOFENG UV-3R 2m/70cm Handfunkgerät
Veröffentlicht am 22. Juli 2011


Gestern war die kesse blonde Post-Biene mit dem Elektroscooter da, übrigens eine begeisterte Leserin meiner Bücher, und hat mir mein Baofeng gebracht, das ich vor zehn Tagen in Hongkong bestellt hatte. Raubrittergebühr wollte sie diesmal keine – das Gerätchen ist unter dem Radar des Zolls durch geschlüpft. Ganz legal übrigens, denn es kostete mich, inklusive Versand nur Fr. 47.20.


Man stelle sich vor: Für diesen Betrag habe ich eine Schachtel mit folgendem Inhalt erhalten:

1. 2m/70cm Handfunkgerät mit 2W Sendeleistung

2. Eine Lithium-Ionenbatterie mit 1200 mAh

3. Zwei Antennen, eine für 70cm, eine für 2m optimiert

4. Ein Ladegerät plus Ladebucht

5. Ein USB Programmierkabel mit Software auf Mini CD

6. Eine Kopfhörer- Mikrofongarnitur

7. Ein Gürtelclip und eine Trageschlaufe

8. Ein Handbuch, und wie so oft aus Hongkong:

9. Ein “Gift”. Ein Rot-Blau Kugelschreiber


Alles schön verpackt in einer Kartonschachtel, mit grünem Packpapier drum herum und deklariert als “Toy”

Und das ist das Gerätchen schließlich auch: ein Spielzeug. Was macht man zuerst, wenn man ein neues Spielzeug bekommt? Das Handbuch studieren, auf den Messplatz damit? Nein, natürlich ein QSO fahren. Diesmal mit Albert, HB9BSR, der auf dem Col des Mosses im Regen saß. Via Relais Magglingen notabene. Das hat auch wunderbar geklappt. Die Modulation wurde für gut befunden und die Verständlichkeit war perfekt.
Doch schauen wir uns das Teil etwas nähern an:

§ Es ist etwa so groß, wie das VX-3 von Yaesu

§ es hat ein CE Zeichen, zu Unrecht, wie wir später erfahren werden.

§ Das Gerät ist offen, funktioniert also in den Frequenzbereichen 136 – 174 und 400 – 470 MHz. Doch man hüte sich am Morgarten, wir wollen ja unsere Lizenz behalten.

§ Es beinhaltet eine LED Taschenlampe und ein UKW-Radio.

§ Der große, griffige Drehknopf für Frequenz und Lautstärke lässt sich mechanisch verriegeln (hineindrücken), die Tastatur elektronisch.

§ Es hat einen 1750 Hz Rufton, CTCSS und DCS

§ Es besitzt ein S-Meter

§ Es kommt mit einem Minimum von 7 Tasten aus, inklusive off/on und Sendetaste.

§ Trotzdem kann es alles, was der OM so braucht.

§ Als Schrittweiten können 5, 6.25, 10, 12.5, 20 und 25 kHz eingestellt werden

§ Es besitzt 99 Speicher für alle wichtigen Parameter, leider nicht alphanumerisch beschreibbar.

§ Wide/Narrow FM Umschaltung

§ Dual Watch

§ Vorzugskanal

§ Scanfunktionen

§ VOX und Time out Timer gegen zu langes Quasseln

und sicher noch vieles mehr, wenn ich das verwirrende Manual genauer studieren würde. Allein mir fehlt die Geduld. Die Verarbeitungsqualität ist recht gut – gehobenes Spielzeugniveau – doch die Bedruckung auf dem blauen Gehäuse ist lausig. Der 1200mAh LiIo-Akku lässt sich sehr schwer einsetzen und man riskiert die Kontakte zu beschädigen oder die Abdeckung des Gehäuses. Das Gehäuse gibt es übrigens nicht nur in blau, sondern auch in rot, anthrazit und mit militärischem Tarnanstrich.

Die beiden separaten Antennen für 2m und 70cm sind natürlich ein Witz. Die Ingenieure haben es offenbar nicht fertig gebracht, eine billige Kombiantenne zu bauen. Die Ladebucht ist ebenfalls ein Witz. Nur eine Ablage für das Gerät und ein Lader für die separate Batterie. Dafür kann man den Stecker des Netzgerätes direkt ans Gerät stecken um aufzuladen. Es empfiehlt sich sowieso nicht, dauern den Akku rauszunehmen. Die Kontakte und die Batteriefach-Verriegelung sind zu fragil. Das Handbuch habe ich bereits erwähnt und zum restlichen Zubehör schweigt des Sängers Höflichkeit.

Doch das USB-Kabel funzt. Dafür die Software auf der CD nicht. ich kann nämlich kein Chinesisch. Doch Gott sei Dank gibt es die SW auch in Englisch im Web.

Damit ging das Programmieren ruckzuck, zackzack. Frequenzen und Relaisablage, High oder Low Power, CTCSS etc. sind im Nu in eine Tabelle gefüllt und werden auf Knopfdruck in das Gerät geschaufelt…oder auch zurück, wenn nötig.

Schnell noch zum Funkmessplatz und da kommt der Schreck: bei 2m Betrieb wird die Oberwelle auf 288 MHz nur 27 dB gedämpft, wenn man an der Antennenbuchse misst. 70cm ist in Ordnung. Glücklicherweise sieht es mit Antenne besser aus und das Gerät liegt im grünen Bereich, sonst wäre das Teil unbrauchbar. In Ordnung ist das nicht, und das CE Zeichen Beschiss. Aber wir wissen ja, was CE heißt: China Export! Werde wohl den Patienten notoperieren müssen :-) Wer weiß, vielleicht liegt hier das Geheimnis der zwei Antennen begraben: es könnte sein, dass man die Oberwellen mit einer Kombiantenne nicht in den Griff bekommen hätte.

Die Sendeleitung habe ich auf 2m mit 1.7Watt und auf 70cm mit 2W gemessen. natürlich nicht ERP, sondern an der Antennenbuchse. Im Gegensatz zum Wouxun übrigens eine richtige SMA-Buchse. Die Empfindlichkeit ist leider nicht so gut und bei meinem Gerät ca. 6 dB schlechter als spezifiziert. Somit ist das Baofeng nur halb so empfindlich wie mein uraltes Yaesu FT-11.

Hier noch die Broschüre zum Gerät, das Händlern als OEM-Produkt angeboten wird.

Mein vorläufiges Fazit: Durchaus brauchbar und für den Preis unschlagbar, sofern das Oberwellenproblem auf 2m beseitigt wird. Sonst darf man es nicht an einer externen Antenne betreiben. Das Teil hat aber alles, was man so braucht und genügt für die meisten Anwendungen.







Das war damals mein erster Eindruck. Etwas später habe ich dann das Teil etwas genauer angeschaut und dazu folgende zwei Beiträge ins Blog gestellt:


Das Geheimnis des Baofeng UV-3R
Veröffentlicht am 27. Juli 2011


Als ich das 50$-Gerät UV-3R zum ersten Mal auf Ebay sah, vermutete ich einen Wouxun Klon. “Die kommen doch alle aus der gleichen Küche in China”, dachte ich. “Das Baofeng ist doch nur eine abgespeckte Version.”

Weit gefehlt! Als ich gestern das Schema sah, musste ich erkennen, dass das Gerät nicht nur eine eigenständige Entwicklung ist, sondern absolut “State of the Art”, und zwar an vorderster Front. Nachdem ich das Herz dieses Handys gesehen habe, muss ich sagen, dass die Zeit der 500 Euro – Handgurken wohl bald vorbei sein wird.

Dieses Herz ist nämlich das Geheimnis des UV-3R. Es heißt RDA1846 und ist eine integrierte Schaltung. Sie wird von der Firma Versatech Microelectronics Limited in China vertrieben. Ein Unternehmen, über das nur wenig bekannt ist . Es lässt uns erahnen, was wir von China noch zu erwarten haben. Die Chinesen kopieren nicht nur, sie sind auch innovativ tätig. Doch zurück zu diesem Chip:


Der RDA1846 ist nicht nur ein kompletter VHF/UHF-Transceiver in einem IC, sondern im Grunde ein SDR. Das geht aus der Architektur des Blockschemas hervor. Er beinhaltet alles, was ein Transceiver braucht. Der Chip wird von einem Microcontroller gesteuert und sämtliche Funktionen werden per DSP realisiert. Für ein vollständiges Funkgerät braucht es daneben nur noch eine PA mit Filtern (der Chip liefert 8dBm), einen rauscharmen Vorverstärker für den Empfangszweig, einen NF-Verstärker für den Lautsprecher, eine Anzeige und etwas “Beigemüse” wie eine Ladeschaltung für einen LiIo-Akku.

Darum hat es im Baofeng so wenige Komponenten und daher kann dieses Gerät so kostengünstig hergestellt werden. Die meisten Funktionen sind Software! Vergebens sucht man daher nach einem Poti für den Hub etc. Hier die Liste der Features dieses Ein-Chip-Transceivers:

§ Voll integrierter Frequenz Synthesizer und VCO

§ 134 – 174 und 400 – 500 MHz

§ Alle Kanalraster hinunter bis 6.25 kHz

§ Digital Auto Frequency Control

§ Digital Auto Gain Control

§ Programmierbare Pre- und Deemphasis

§ S-Meter, VOX, Squelch

§ CTCSS/CDCSS Encoder – Decoder

§ CTCSS mit 120/180/240 Grad Phasenverschiebung

§ 23/24 Bit programmierbarer DCS Code

§ DTMF und programmierbarer Doppelton

§ Schlafmodus

§ programmierbarer Rufton (z.B. 1750 Hz)

§ 8 GPIO’s (General Purpose Input/Output)

§ 3-wire/4-wire/I2C serial control bus interface

§ Wie bereits erwähnt: 8dBm PA

§ Analoge und digitaler Lautstärke-Einstellung

§ NF Kopfhörerausgang 32 Ohm

§ Speisespannung 3.3 – 4.8V

§ Und das in einem 32 Pin QFN Package mit 5x5mm!

Sogar die Bias-Spannung für die PA wird bei Bedarf vom Chip geliefert (1.5 – 2.8Volt). Nur schade, dass der I/Q-Ausgang vor dem A/D-Wandler nicht herausgeführt wird. Ich könnte mir vorstellen, dass man mit dem Chip zum Beispiel auch SSB darstellen könnte. Das gäbe dann das Super-Handy und würde kaum mehr kosten. 








Baofeng UV-3R Modifikation

Veröffentlicht am 26. Juli 2011


Die geringe Unterdrückung der Oberwelle bei 288 MHz beim UV-3R hat mir keine Ruhe gelassen. Ausserdem liebe ich es, technischen Apparaturen und insbesondere Funkgeräten unter die Haube zu schauen.

Das Teil ist leicht auseinander zu nehmen: Knopf abschrauben, Antenne weg, Batterie raus und zwei lange Schrauben gelöst, und schon kann man den Elektronikblock aus der Schale ziehen. Um an die Bestückungsseite des Prints zu gelangen, muss dieser jedoch vom Metallchassis entfernt werden. Dazu ist die Mutter des Drehreglers zu lösen und es müssen vier Schrauben, die den Print auf das Chassis drücken, gelöst werden. Bevor man jetzt vorsichtig die Leiterplatte aus dem Chassis ausschlaufen kann, muss noch der Lötkolben angeheizt werden. Denn die SMA-Buchse ist eingelötet. Am besten geht es mit Lötsauglitze. Doch Achtung: es wurde selbstverständlich bleifreies Lot verwendet, die Temperatur des Lötkolbens sollte man entsprechend aufdrehen – am besten aufs Maximum.

Mein Print hat übrigens die Version 10. Man sieht sofort, dass das Gerät nicht nur durchdacht konstruiert, sondern auch sauber verarbeitet wurde. Auch unter dem Mikroskop sehen die Lötstellen gut aus. Interessant ist, dass keine Verkabelung zu sehen ist, auch der Lautsprecher wird mit Federn kontaktiert. Doch nun zur Modifikation. Sie entspricht der Mod von WA5ZNU, also ein C von 33 bis 47pF in der Position C89 (siehe Schema unten). Da ich keinen 33pF SMD zur Hand hatte, habe ich einen bedrahteten 33pF eingelötet. Obschon der Kleinste aus meiner Bastellkiste, ist es ein Monsterteil im Vergleich zu den 0402 SMD-Komponenten auf dem Print :-)

Das Zusammensetzen ging problemlos vonstatten und die anschließende Messung zeigte nun eine Unterdrückung der Oberwelle von -50 dB. Zudem ist die Sendeleistung im 2m Band auf 2.5 Watt gestiegen. Ein erfreuliches Resultat. Mit der zusätzlichen Selektionswirkung der Antenne dürfte das Signal auf 288 MHz nun ca. -60 dB unter dem Hauptsignal liegen. 




Soweit also der Blick zurück in das Jahr 2011. Die Geräte sind nach wie vor vom BAKOM verboten und ich wundere mich jeweils, wenn so ein Teil wieder mal auf Ricardo auftaucht. Finger weg, kann ich nur dazu sagen. 
Wie gut das neue 15 Franken Handy ist, weiß ich nicht. Aber ich werde mich hüten, es zu beschaffen und zu testen ;-)


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