Dienstag, 22. August 2017
Der Antennen-Stiefel
Da wo ich wohne, hat fast jeder einen Fahnenmast. Bei einigen weht die Flagge jeden Tag, bei anderen wird sie nur an Sonn- und Festtagen gehisst. Meistens das Schweizer Kreuz, seltener die schwarzweiße Fahne des Kantons Freiburg - sie gibt fürs Auge leider nicht viel her.
Da wir hierzulande in einer gut durchmischten multikulturellen Gesellschaft leben, sieht man natürlich auch ausländische Flaggen.
Doch Fahnenmasten sind nicht nur patriotische Aushängeschilde, Windrichtungsanzeiger und Gartenschmuck - für uns Funkamateure sind sie ein Geschenk des Aethergottes. Sofern dieser überhaupt existiert. Als Agnostiker halte ich aber nichts für unmöglich, was jenseitige Welten anbelangt :-)
An Fahnenmasten kann man nicht nur "provisorische" Drähte für Funkexperimente befestigen, sie können auch direkt als Antennen genutzt werden. Nämlich als Vertikalantennen (GP). Mit einem automatischen Tuner kann man sie für fast alle Amateurfunkbänder anpassen.
Wer eher auf den längeren Kurzwellenbänder zuhause ist, greift am besten zu einem 12m Mast. Einige Tuner wie zum Beispiel der CG-3000 oder der Stockcorner JC-4 stimmen diese Länge sogar auf 160m ab und für das 80m Band hat man damit schon eine passable Antenne. Allerdings ist der Fahnenmast wie alle Vertikalantennen ein Flach- und kein NVIS-Strahler und deshalb via Ionosphäre eher für Fernverkehr geeignet.
Wer sich nur für die kürzeren DX-Bänder interessiert, der ist mit 7m gut bedient. Auf den kürzeren KW-Bändern strahlt dieser Mast flacher als der 12m lange. Denn ab 5/8 Lambda wird die Abstrahlung rasch steiler!
Damit ein Fahnenmast zu einer guten Funkantenne wird, braucht es aber noch zwei andere Dinge.
Erstens ein gutes Erdnetz - so genannte Radiale - das wie ein Spinnennetz in alle Richtungen vom Mastfuss aus im oder auf dem Boden verlegt wird.
Mit Ausnahme von ein paar Glückspilzen kann sich das in unserer verdichteten Besiedlung kaum mehr einer leisten. So tut man halt, was man kann: auch der Maschendrahtzaun ist ein Radial. In der Not nimmt der OM alles ;-)
Zweitens braucht der Mastfuss einen Isolator. Man kann zwar auch geerdete Masten anpassen (Omega Match), aber kaum für mehrere Bänder und nicht mit so einem praktischen Teil wie einem automatischen Tuner.
Der Fantasie sind aber beim Isolatorfuss Grenzen gesetzt. Nämlich durch den Sturmwind.
Ich habe für meinen Fahnenmast einen Stiefel als Lösung gewählt; aus dem einfachen Grund, weil sich bei mir im Keller eine große Kunstoffplatte langweilte. Unten kam dann noch eine Ladung Korken rein. Für Weintrinker irgendwie logisch. Bierflaschenverschlüsse hingegen erachte ich als weniger geeignet.
Der Stiefel wurde dann einbetoniert; das war vor mehr als zehn Jahren. Auch heute funktioniert er noch wie zu Beginn. Eine unverwüstliche Antenne für alle Fälle.
Noch ein Tipp: Zwei Seilzüge zu montieren, kostet nicht viel mehr; sie werden aber als Backup und für erweiterte Draht-Experimente sehr geschätzt.
Zwar braucht es in den meisten Kantonen für einen Fahnenmast keine Baubewilligung. Soll dieser jedoch auch dauerhaft als Antenne mit mehr als 6dB EIRP genutzt werden, kommt man nicht darum herum und muss auch die entsprechenden NIS-Berechnungen einreichen.
Bild: Bornholm 2011, die Festung Hammershus im Norden der Insel.
PS. Willi hat mich noch auf eine interessante Antennenseite aufmerksam gemacht. Sie gehört N6LF (sein Rufzeichen ist Programm!)
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