Dienstag, 10. November 2015

Wir bestellen uns einen elektronischen Sarg

Als heute die Postbotin anrückte - diesmal Monika und nicht Sonja - traf mich fast der Schlag. Hatte ich dieses Riesending wirklich bestellt? Der Karton war fast so groß wie ein Sarg.

Doch bevor ich mit dieser Geschichte weiterfahre, muss ich etwas zurückspulen. Nämlich zu den Netzteilen, die ich in Zofingen erstanden habe. Drei Stück für hundert Franken. Schaltnetzteile aus ausgeleierten Servern oder Telefonzentralen, oder was weiß ich. 48V, 1100W. Von einem norwegischen Hersteller in Drammen, der Powec hieß. Unterlagen dazu sind kaum mehr zu finden, denn die Firma wurde verkauft. Zuerst an Power-One in Kalifornien, um dann irgendwann bei ABB zu landen. Darum sind Unterlagen über diese Netzteile im Web kaum mehr aufzutreiben.

Doch wo der Saft rauskommt und wo man mit einem externen Poti die Spannung einstellen kann, findet man noch raus. Man muss nur bei PA0FRI nachgucken ;-)  -runterscrollen!

Diese Netzteile eignen sich gut, um damit eine Transistor-Endstufe zu speisen. Sie lassen sich dazu auch parallel schalten. Sogar ohne Dioden.

Leider kam aus einem der drei kein Strom, sondern Rauch raus und in Ermangelung eines Schemas war es somit ein FUBAR.

Doch die Idee, ein günstiges, gebrauchtes Schaltnetzteil zur Speisung meiner PA zu benutzen, hatte mich gepackt. Und da stieß ich beim Server Shop auf dieses Teil. Denn Server brauchen genau wie unsere Endstufen ebenfalls 48V - und das nicht zu knapp. Server sind gefräßige Monster.

48V 1776 Watt steht da unter anderem auf der Etikette. Eine Recherche im Internet brachte nicht mehr zum Vorschein. Nicht einmal ein Anschluss-Schema. Doch was will man bei diesem Preis? Für 25 Euronen kriegt man ein Netzteil für eine Kilowatt PA.

Wie gesagt, heute morgen hat Monika das Teil gebracht. Es sieht aus wie neu und innendrin steckt Technik vom feinsten. Und wo der Saft rauskommt, werde ich auch noch rausfinden, wenn ich die richtigen Gerätestecker für die 220V Speisung besorgt habe (C20, waagrechte Messerkontakte!). Doch einbauen kann ich so ein Trum nirgends. es sprengt sämtliche Dimensionen. Aber am besten seht ihr selbst (zum Vergleich habe ich ein FT-817 draufgelegt):





  Das ist natürlich schade. Denn dieses Netzteil kann wesentlich mehr liefern als nur 1776 Watt bei 48V, wie die diversen Verkäufer behaupten. Ein genauer Blick auf die Etikette und in die Elektronik dieses Elektrosargs  bringt es an den Tag: Drin stecken zwei identische Netzteile mit zwei 48V Ausgängen, von denen jeder 37 Ampère liefern kann. Redundanz heißt das - bei Servern ein wichtiges Wort. Doch das ist noch nicht alles: als Bonus erhält man auch noch 12.5 Volt bei maximal 16.6 A. Zum Beispiel für die Hilfsschaltungen der PA. Also ein ideales Teil, um damit eine Transistor PA zu füttern.


Doch wie gesagt: Diese Größe ist für meinen Shack tabu. Ich werde mich wohl mit den zwei überlebenden Norwegern anfreunden müssen. So sehen sie drinnen wie draußen aus:




Nicht nur die Netzteile aus der IT Branche kommen für Transistor Endstufen wie gerufen. Man findet dort auch Kühlkörper, die jedes Alublech in den Schatten stellen. Punkto Kühlung ist man bei Computern an vorderster Front (Ich habe darüber berichtet).

Kürzlich habe ich mir für meinen nächsten Versuch ein paar CPU-Kühlkörper gekauft. Auch wieder beim Server Shop, der auch auf diesem Gebiet allerhand Gebrauchtes günstig anbietet. Sie sind aus Kupfer, ein Heatspreader wird dadurch obsolet. Und sie bieten durch ihre hohe Zahl an Finnen eine enorme Kühlfläche. Hier meine Prachtstücke, die ich zusammengelötet habe:

 Das sind mehr als zwei Drittel eines Quadratmeters an Kühlfläche und mit zwei Axial-Lüftern kriege ich problemlos 400 Watt weg, ohne auch nur entfernt an der Temperaturgrenze der Transistoren zu kratzen . Das würde sogar für 1kW HF in SSB oder CW reichen.
Draufmontiert habe ich eine Platte von Victor für vier VRF2933.
Spezialisten werden auf dem nächsten Bild sicher bemerken, dass die VRF2933 einen Motorola- statt einen Microsemi-Stempel haben. Sind das etwa "Fakes"?
Doch so einfach ist das nicht. Was würdet ihr denn auf eure Kopien stempeln, wenn ihr ein Fake-Produzent währt? Richtig! Genau das gleiche wie auf dem Original ;-)

 
Die Erklärung für dieses Mysterium liegt also anderswo. Doch das ist ein Geschichte für ein andermal.