Montag, 9. November 2015

Über Wunder und andere Dinge



Ein Wunder ist ein Ereignis, das sich den physikalischen Gesetzen entzieht. Es lässt sich weder veri- noch falsifizieren.
"Wunderantennen" dagegen können der Physik nicht entkommen - obwohl es ihre Erfinder immer wieder versuchen. Von daher sind diese winzigen Antennen eigentlich keine richtigen Wunderantennen. Denn sie funktionieren immer - je nach Umgebung mal schlechter, mal besser. Wunderantennen heißen sie nur deshalb, weil ihre Erfinder ihnen Wunder zuschreiben. Sie sollen angeblich (fast) so gut funktionieren wie ausgewachsene Dipole und dabei Gesetzen gehorchen, von denen Maxwell keine Ahnung hatte.
Ein Beispiel dafür ist die allseits bekannte Microvert. Man beachte die Links unten auf der Seite. Quasi das Who is Who der Wunderantennen-Apologeten.

Das Geheimnis aller Wunderantennen liegt darin, dass es sehr schwierig ist, eine Antenne zu bauen, die nicht strahlt. Ob Bier- oder Spraydose, ob Ofenrohr oder Hühnergitter, sobald ein Strom von A nach B fließt, ensteht zwangsläufig ein elektromagnetisches Feld.

Eigentlich ist es wurscht, was man als Strahler nimmt. Die Hauptarbeit leistet bei den so genannten Wunderantennen sowieso das "Gegengewicht". Bei Mobilantennen ist es das Autoblech und anderswo ist es der Mantel des Koaxkabels.

DJ5IL erklärt hier genau, wie so eine Microvert- Antenne eigentlich funktioniert.

Um eine Bierdose oder ein Stück Hühnergitter dazu zu bewegen, möglichst viel von der zugeführten Leistung abzustrahlen, muss die Anpassung stimmen. Zu kurze Antennen sind immer kapazitiv. Das heißt, ihnen fehlt Induktivität. Daher kommt der OM nicht darum herum, eine kräftige Spule zu wickeln. Ein verlustreiches Element, besonders bei dünnem Draht.
Doch das ist leider nur die Hälfte der schlechten Nachricht: Je kürzer die Antenne, desto niedriger wird der Strahlungswiderstand. Schon bald ist man im einstelligen Ohm-Bereich und bei Wunderantennen auch darunter. Natürlich lässt sich der Strahlungswiderstand auf verschiedene Weise auf die Impedanz des Speisekabels hochtransformieren.
Doch dummerweise liegt dieser in Serie mit den Verlustwiderständen der Antenne (die Spule ist so einer). Ein klassischer Spannungsteiler. Je kleiner der Strahlungswiderstand (Wirkwiderstand) im Verhältnis zu den Verlustwiderständen, desto weniger Leistung geht in den Aether und desto mehr wird verheizt.

Trotzdem: Ich liebe Wunder. Sie lassen uns Menschen staunen.

Kürzlich musste ich darüber staunen, wie viel Rauch in einem Netzteil steckt, das ich in Zofingen am Flohmarkt erstanden hatte. Doch das Megakühlblech, das ich von Fred geschenkt bekam und die drei Siebkondensatoren von den Leidensgenossen am Stand nebenan, waren ein guter Trost. Vielen Dank!
Der Grundstein für einen weiteren PA-Prototyp ist damit gelegt.

In Deutschland soll jetzt wegen den Zuzügern das Schulniveau allgemein gesenkt werden, habe ich gelesen. Das deckt sich voll und ganz mit dem Trend im Amateurfunk.
Vielleicht wäre es an der Zeit, die Lizenzprüfungen radikal zu überdenken. Das mit dem Kreuzchenmachen hat sich doch ausgeleiert.
Wenn es nach mir ginge, müssten die Kandidaten nur zwei Dinge beherrschen. Die vier Gleichungen von Maxwell und das Morsen. Alles andere lässt sich in der Bedienungsanleitung des Funkgerätes nachlesen ;-)

Apropos Maxwell. Gestern habe ich mir zur Auffrischung und als Erinnerung an meine Studienzeit wieder einmal eine Vorlesung gegönnt. Nämlich diese hier. Ein wahres Vergnügen!




PS. Zwar OT, aber aus aktuellem Anlass: Die NZZ zur Merkeldämmerung