Auch der neuste Hit aus Deutschland hilft nicht. Obschon der von Mutti höchstpersönlich vorgetragen wird:
Die beste Therapie ist für mich immer noch der Lötkolben. Und bei dieser Gelegenheit kam mir das Tiefpassfilter aus meiner Kilowatt-Endstufe wieder in den Sinn, das einigen von meinen Lesern das Kristallwasser aus ihren alten Glimmeraugen getrieben hat. Zugegeben, das Ding sieht nicht besonders hübsch aus. Und ich könnte jetzt zu meiner Entschuldigung ins Feld führen, dass die inneren Werte wichtiger sind als die äußeren. Doch so funktioniert unsere Welt nun mal nicht.
Deshalb habe ich bei W6PQL eine seiner Filterplatinen bestellt, um meinen Fauxpas auszumerzen. Sonja, die Postbotin, hat sie denn auch prompt geliefert und ich war sofort hingerissen von ihr.
Sie ist nämlich nicht so mager wie die russischen oder europäischen, sondern fast einen Zehntelzoll dick. Und ihre dicken Leiterbahnen sind voll verzinnt. Damit wir uns richtig verstehen: ich meine die Leiterplatte und nicht Sonja.
Aber ich mag auch bei Frauen etwas Material. Denn Männer mögen Fleisch. Nur Hunde lieben Knochen.
Entschuldigung. Meine vorgeburtstägliche Depression äußert sich manchmal in Gedankenflucht. Also zurück zum Thema. Hier das LPF (Low Pass Filter) von W6PQL voll bestückt:
Das Tiefpassfilter ist für 1.5kW ausgelegt und umschaltbar von 160m bis 6m. Die kürzeren Bänder sind in Gruppen zusammengefasst, wie auf dem Bild zu erkennen ist und wenn keine Relais aufgezogen sind, ist das 160m Filter aktiv. Das Design der Platine ist sehr clever gemacht. Ein- und Ausgang befinden sich beim 6m Filter (links). Dann folgen der Reihe nach die höheren Bänder bis zum 160m Band ganz rechts. Das 6m Band wird also auf dem kürzesten Weg mit dem Ein- und Ausgang verbunden. Die Relais sind so geschaltet, dass jeweils die Leiterbahnen zu den längeren Bändern abgeschaltete werden. Das sieht, vereinfacht dargestellt, so aus:
Und das hat seinen guten Grund: Die Leiterbahnen ( = zusätzliche Induktivitäten
Ein weiteres Highlight seines LPF ist die Verwendung von Glimmer Chip Kondensatoren. Diese sind für hohe HF-Spannungen und große HF Ströme spezifiziert. Ihre Betriebsspannung von 1kV ist in jedem Fall ausreichend, wenn man weiß, dass Glimmerkondensatoren mit der doppelten Betriebsspannung geprüft werden. In Wirklichkeit vertragen sie im Notfall noch etliches mehr - der Hersteller will sie ja nicht bei der Prüfung zerstören.
Andere Konstrukteure setzen anstelle von Glimmer Kerkos ein - zum Beispiel schöne gelbe oder blaue ;-) Ich habe schon stundenlang Datenblätter von keramischen Scheibenkondensatoren durchforstet. Doch bisher habe ich noch keine (bezahlbaren) gefunden, bei denen HF-Spannung und HF-Strom spezifiziert sind. Natürlich gibt es keramische Chipkondensatoren, die für HF-Leistung konzipiert sind. Doch diese Spezialitäten kann der normal betuchte OM kaum bezahlen. Und die bekannten russischen Türknopf-Kondensatoren, wie man sie günstig in der E-Bucht findet, sind für diesen Zweck einfach zu groß.
Leider habe ich es nicht geschafft, die wunderbare Platine so schön zu bestücken, wie oben auf dem Bild. Die Schuld gebe ich meiner Bastelkiste. Sie wollte partout ihre alten Glimmerkondensatoren loswerden. Und für das letzte Filter sind ihr sogar die Ringkerne ausgegangen. Kurz: ich musste improvisieren.
Macht nix. Mein Filter verzichtet auf das 6m Band. Dafür habe ich die Bandgruppen etwas anders zusammengefasst und meine selbst berechneten Filter eingesetzt. Hierzulande darf man auf 6m sowieso nur mit 100 Watt funken. Ob das in DL anders ist? Aber vielleicht sind dort auch höhere HF-Leistungen auf Kurzwelle zugelassen, nach den Diskussionen in Foren und auf den Bändern zu schließen ;-)
Wie dem auch sei: ich bin mit meinem neuen Filter zufrieden. Die Durchgangsdämpfung liegt im Bereich von 0.1 dB. Oberwellenunterdrückung und Rückflussdämpfung sind im ähnlichen Rahmen wie sie W6PQL gemessen hat.
Apropos Durchgangsdämpfung: Oft hapert es bei amateurmäßigen Filtern an diesem Wert. 0.1dB bedeuten bei 1kW, dass gute 23 Watt verloren gehen. Bei einem halben dB sind es dann schon über 100W. Darum sollte man Endstufen immer mit dem Filter messen. Tut man das nicht, wird die Filterdämpfung nicht berücksichtigt und zugleich wird die Leistung der Oberwellen mitgemessen.
* bei diesem Design und FR4-Dicke nicht relevant