Samstag, 16. Juni 2018

Kalte Lötstellen in alten Geräten

Die automatische Bestückung mit SMD-Komponenten und das Reflow-Löten hat nicht nur die Kosten in der Produktion drastisch gesenkt, sondern auch die Qualität verbessert. Durch die automatische Fertigung sind unsere Transceiver zuverlässiger geworden.

Mein IC-475H, ein 70cm Allmode-Transceiver, ist noch in alter Manier gebaut: mit bedrahteten Komponenten in sogenannter THT-Technologie, und vermutlich mit der Lötwelle gelötet oder teilweise noch von Hand.
Entwickelt wurde der Transceiver Mitte der Achtzigerjahre. 1987 wurde er auf dem Markt eingeführt. Ein neues Gerät in dieser Technologie würde heute das Mehrfache eines FT-991 kosten. Dank der automatischen Fertigung und der höheren Integration sind Amateurfunkgeräte heutzutage wesentlich günstiger als in den Achtzigerjahren (inflationsbereinigt).



Doch diese alten Kisten haben ihr "Ablaufdatum" längst überschritten und ihr Alter macht sich in mangelnder Zuverlässigkeit bemerkbar. Die Ausfallquote steigt und wenn die Geräte nicht im Keller landen, werden sie an Flohmärkten "rezykliert".

Auch mein IC-475H hat dem Zahn der Zeit nicht standgehalten. Und wie so oft bei diesen alten Kriegern, zeigte sich die Altersschwäche in Form sporadischer Aussetzer. Nach einer gewissen Betriebszeit war der Empfänger tot - am nächsten Tag lief er wieder. Ein erratisches Verhalten, das typisch ist für Geräte in diesem Alter und das die Fehlersuche sehr erschwert: Meint man, dem Problem endlich auf der Spur zu sein, läuft die Kiste plötzlich wieder.

Ein häufiger Grund für derartige Ausfälle liegt bei diesen Jahrgängen oft Jahrzehnte zurück: Schon bei der Produktion wurden kalte Lötstellen produziert. Diese Lötstellen schlummern oft lange unentdeckt vor sich hin, bis sie nach vielen Temperaturzyklen zum Leben erwachen und sich bemerkbar machen. So auch in meinem Fall.

Glücklicherweise war es in meinem Gerät die NF, die zeitweise aussetzte. So liess sich die Problemzone eingrenzen. Trotzdem gehört eine Portion Glück zur Fehlersuche, nebst einem Oszilloskop und einem guten Stereomikroskop. Ohne letzteres hätte ich die kalten Lötstellen nicht sehen können und wohl aufs Geratewohl nachlöten müssen. Hier ein Blick durch das Mikroskop auf die kalten Lötstellen:

 Erst mit vierzehnfacher Vergrößerung sind die Haarrisse gut zu sehen. Auf der anderen Seite der Platine steckt ein Transistor und wenn man an ihm wackelte, bewegten sich seine Anschlussdrähte in der Lötstelle :-)



Jetzt funktioniert der alte Transceiver wieder. Vorsichtshalber habe ich die ganze Platine nach weiteren kalten Lötstellen abgesucht: und ich wurde fündig. Vielleicht wären diese "Schläfer" in der nächsten Zeit auch erwacht, wenn ich sie nicht nachgelötet hätte.

Auf den nächsten zwei Bildern sind Vorder- und Rückseite der betreffenden Platine zu sehen (Mainboard):





Diese Bilder zeigen, wie aufwändig die damalige Technologie war. Neben dem Mainboard stecken ja noch ein paar weitere Platinen in diesem Monobander. Zum Beispiel eine komplizierte Frequenzaufbereitung. Typisch für diese Zeit ist auch die Verkabelung mit Kabelbäumen und Stiftsteckern. Heutzutage werden die einzelnen Platinen untereinander durch Flachkabel verbunden; und zwar durch so genannte FFC Flat flex Cable.

Natürlich sind auch die Stecker eine potenzielle Fehlerquelle in alten Geräten und manchmal hilft es, sie aus- und wieder einzustecken um eventuelle Oxydation zu beseitigen.
Defekte Komponenten hingegen sind seltenere Fehlerquellen. Mit Ausnahme von Elektrolytkondensatoren aus der Zeit der Kondensatorenseuche oder Elkos an exponierten Stellen, wo sie hohen Temperaturen ausgesetzt sind.





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