Die neue SDR Technik scheint auch das Verhalten einiger OM zu beeinflussen. Hier ein Text mit freundlicher Genehmigung von Hajo DJ6HP, der sich dazu so seine Gedanken gemacht hat:
Das Unwort Predistortion
Die Digitalelektronik vermag auch im Amateurfunk Dinge zu
realisieren, die altgedienten OM teils als Teufelszeug erscheinen. Aktuell ist
es Predistortion. Darunter versteht man die elektronische
Verzerrungs-Gegenkopplung von Linear-Verstärkern, wodurch bisher unerreichte
IM3-Dämpfungen von mehr als 50 dB möglich werden.
Die notwendige Software ist in modernen SDR-Geräten
implementiert und die zugehörigen Endstufen liefern das abgedämpfte
Bezugssignal, mit dem die Entzerrungs-Elektronik geimpft wird.
Es ist unbestritten: Predistortion ist inzwischen Stand der
Technik und erfordert daher auch Geräte und Software, die diesem „State oft the
Art“ Genüge tun. Allerdings ist es oft befremdlich, wie mit dem neuen
technischen „Segen“ umgegangen wird. Nahezu täglich wird man als Verwender
herkömmlicher Technik darauf hingewiesen, dass das eigene abgestrahlte Signal
mit einem IM3- Wert von weniger als 30 dB nicht mehr akzeptabel sei und die NF-Bandbreite
mit mehr als 2,7 kHz zudem nicht der Norm entspräche. All dies sei auf dem
Bildschirm des anscheinend fachkompetenten Kritikers zu sehen und man könne
auch, wohl als eine Art Service, bei Angabe der Email-Adresse ein Screenshot
als Beleg erhalten. Besonders Eifrige bieten sogar Life-Rückspielungen an, die
allerdings oft mehr an Rückspülungen erinnern.
Anfangs war ich an dem ein oder anderen Hinweis zu meinem
Signal interessiert, aber gegenwärtig gibt es immer mehr „Erleuchtete“, die mit
geradezu stoischer Penetranz IM3-Rapporte erteilen und diese zudem unter
stolzer Angabe der verwendeten Hard- und Software ausführlich kommentieren.
Mich bedrückt hierbei das Gefühl, dass inzwischen eine Art „IM3-Paparazzi“
generiert wurde, die ständig das Wasserfall-Spektrum breitbandig im Auge haben,
um die vermeintlich ungebändigten Endstufen zur Ordnung zu rufen.
Diese nötigenden Angriffe auf mein Endstufen-Spektrum
empfinde ich nun doch in zunehmendem Maße als Einmischung in meine
„Amateurfunk-Privatsphäre“ und vor allem in die meiner verwendeten Geräte, die
bereits seit Jahrzehnten ihren Dienst tun, ohne solche teils vernichtende
Kritik ertragen zu müssen. Um sie am Leben zu erhalten, waren bisher lediglich
ein paar ohmsche und kapazitive „Unpässlichkeiten“ zu heilen. Wenn ich aber
höre, dass SDR-Geräten nahezu jeden Tag ein neues Leben in Form von upgedateter
Software eingehaucht werden muss, dann frage ich mich doch allen Ernstes,
welche Seele sich in diesen Geräten bilden kann und wie man sich als OM damit
verbunden fühlen soll.
Vielleicht sollte ich mich doch wieder ins IM3-ferne CW-Asyl
zurückziehen.
Hajo, DJ6HP
3 Kommentare:
Ich habe schon gehört aber nicht verifiziert, Predistortion verbessere IMD3 und ev. IM5, aber verschlechtern IMD7 und IMD9. Somit würde Predistortion dann die IMDs verschlechtern, welche wirklich ein richtig breites Signal machen.
Bin auf Erfahrungsberichte gespannt.
73, Peter - HB9PJT
.....und wenn dann noch das Wort "homebrewer"fällt, ist alles verloren.
Dieses meint nämlich in den meisten Fällen, das schnöde zudammen setzen eines Bausatzes. Als gelernter Oekonom bewundere ich hingegen die OM, die ein Projekt von der Pieke auf durchziehen inklusive aller Entwicklungsarbeiten. Ich werde das nie können.
Technischer Fortschritt lässt sich nicht aufhalten und das ist gut so. Aber dieser religiöse Eifer bezüglich der hoch heiligen predistortion muss nicht sein!
Blechpolizisten gehören auf die Strasse, nicht auf die AFU Bänder.
Gruss von Manfred, HB9FLU
Die IM3-Paparazzis sind mittlerweile auch schon auf QO100 angekommen. Da wird mit "BREAK" in ein laufendes QSO reingegrätscht um mitzuteilen, dass das Signal nicht wie eine Tapetenbahn im Wasserfall daherkommt. Natürlich von einem deutschen OM. Im E-Mail Postfach hatte ich danach auch eine Mail mit angehängtem Screenshot als "Beweis" :-). 73 de DK6VCO
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