Montag, 9. Juli 2018

NVIS - der Springbrunneneffekt


Wer schon mal einen Springbrunnen gesehen hat, der weiß: was senkrecht nach oben geht, kommt auch (fast) so wieder runter. Darum lautet ein altes chinesisches Sprichwort: spucke nicht nach oben, sonst kriegst du was ins Auge ;-)
Gleiches geschieht mit Radiowellen, die senkrecht in die Ionosphäre geschickt werden. NVIS (Near Vertical Incidence Skywave) heißt diese Art zu Senden in Englisch.

Besonders weit kommt man damit nicht, wie das Beispiel des Springbrunnens zeigt. Doch in manchen Fällen möchte man das auch nicht. Anstatt DX steht eine möglichst gute und zuverlässige Verbindung über einige 100 km im Vordergrund. Zum Beispiel beim Militär oder beim Notfunk. Und beim Amateurfunk sind es z.B. die Verbindungen innerhalb eines (kleinen) Landes, die nach dieser Betriebsart verlangen. Die Schweiz oder Österreich sind hier typische Beispiele. DX wird bei NVIS als störend empfunden ;-) 

Für eine gute NVIS-Verbidndung braucht es zwei Dinge:
Erstens eine Antenne, die die Wellen nach oben schickt. Tief hängende Dipole sind eine gute Wahl, Vertikalantennen eine schlechte.
Zweitens eine geeignete Frequenz. Für den Amateurfunk kommen dabei die Bänder 160, 80, 60 und 40m in Frage. In Zeiten eines Minimums an Sonnenflecken scheiden aber oft 40m und 60m aus, da die Senkrechtgrenzfrequenz (je nach Tages- und Jahreszeit) oft unter 5 MHz liegt.

Doch wie soll ein OM wie du und ich wissen, welches das geeignete Band ist?

Für die richtige Bandwahl stehen verschiedene Ionosonden zur Verfügung. Das sind nichts anderes als "Springbrunnen-Sender", die kurze Signale in die Ionosphäre schicken und diese wieder empfangen. Dabei wobbeln sie über den ganzen KW-Bereich und erstellen so Ionogramme.

Für Norddeutschland sollte man die Ionosonde in Juliusruh beobachten.
Für mitttlere Breiten sind die Sonden in Dourbes (Belgien) oder Pruhonice (Tschechien) gute Indikatoren. Für den Süden Europas wären Rom oder Athen die richtige Wahl.
Für Funkamateure interessant sind vor allem die zwei untersten Zeilen im Ionogramm. Dort findet man die aktuelle MUF in Abhängigkeit von der Distanz. Die Distanzen über 100km werden aus der Senkrechtgrenzfrequenz hochgerechnet und werden nicht direkt gemessen.
Die Ionogramme selbst sind für uns Laien auf den ersten Blick etwas verwirrend. Nur soviel: Rot steht für die Ionosphärenschicht, die O-Wellen reflektiert, Grün für die Schicht, welche die X-Wellen zurückschickt. Mehr über diese X und O-Wellen ist hier zu lesen.
Dass oberhalb der ersten Reflexion scheinbar noch weitere Reflexion stattfindet, ist eine Illusion. Die zurückkehrenden Impulse der Sonde werden nämlich wieder vom Erdboden reflektiert und erneut nach oben geschickt. Bis zu einer zweiten Reflexion an der Ionosphäre legen sie natürlich die doppelte Distanz zurück und gaukeln dem Empfänger eine weitere höhere Reflexionsschicht vor.

Um die gegenwärtige MUF für eine NVIS-Verbindung zu erfahren, kann man aber auch einfach hier auf dieser Seite nachsehen.  Dort sind dann auch noch gleich weitere interessante Daten für die Funkausbreitung zu finden.

Bild: Jet d'eau auf der Dordogne bei Bergerac.

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