Montag, 13. November 2017

Pauls Röhren-Audion

In meiner Bucket List fehlt mir noch ein wichtiges Projekt. Zwar habe ich in meinem Funkerleben alles mögliche gebaut, doch ein Röhrenradio war nie dabei.
Paul HB9DFQ, der sich sonst u.a. mit Mikroprozessoren und digitaler Signalverarbeitung befasst, hat sich nun diesen Traum erfüllt. Als Gegengewicht zu seiner beruflichen Tätigkeit, oder aus lauter Nostalgie - wer weiß.
Dazu hat er ein altes Buch aus dem Schrank gekramt, das uns älteren Semestern unter den OM noch bestens in Erinnerung ist - den Diefenbach. Nebst der Diefenbach- war auch die Schultheiß-Bibel bekannt. Auch der Heinz Richter mit seinen Büchern, doch seine Schaltungen funktionierten bei mir selten.


Die Schaltung von Schultheiß, ein Audion, arbeitet zwar nur mit zwei Röhren und einer Handvoll Bauteile, ist aber ein Funkempfänger, der in Amateurkreisen eine Jahrzehnte lange Geschichte hat. Damit konnte man in Zeiten ohne fernöstlichen Elektroschrott weltweit Funksignale empfangen. In AM, SSB und CW und wenn's seine musste sogar in FM - ein richtiger Allmode-Empfänger also.
So einfach das Audion ausschaut, es steht punkto Empfindlichkeit den heutigen Kaufgeräten nicht nach, und farbige Bildschirme waren damals noch kein Thema. Funkamateure waren noch Gentlemen und führten sich auch so auf. Kein Vergleich zu heutigen Verhältnissen.


Pauls 80m Empfänger arbeitet auf dem 80m Band. Wenn man einen Sockel für Steckspulen vorsieht, kann man das Audion durch Umstecken auch auf anderen Bändern betreiben. Hier der Vollständigkeit halber die Spulendaten dazu:


Das eigentliche "Audion" befindet sich in der ersten Röhre. Diese Pentode - zum Beispiel die bewährte EF80 - hat eine dreifache Funktion: Sie verstärkt die HF, arbeitet als Oszillator und mischt das Empfangssignal direkt herunter in den NF-Bereich. Das Audion ist also ein DC-Empfänger, ein Prinzip wie es heutzutage wieder in den SDR zur Anwendung kommt. 
Die Zukunft trifft die Vergangenheit und dazwischen liegt der Superhet. Witzig, nicht wahr?
Doch das Audion kann noch mehr: es entdämpft den Schwingkreis und die damit gesteigerte Güte sorgt für eine erstaunliche Trennschärfe. 
Je nach Einstellpunkt der Rückkopplung kann man damit AM (kurz vor dem Schwingen) oder SSB/CW (beim Ensatzpunkt der Schwingung) empfangen. Daher hat ein Audion-Empfänger nebst Abstimmung und Lautstärke immer auch einen dritten Regler: die Rückkopplung.

Die zweite Pentoden-Röhre bringt dann die NF auf Lautsprecher-Niveau - ein reiner NF-Verstärker also.

Hier noch zwei Fotos zu Pauls Gerät:


Diese Art Empfänger ist keineswegs ein Spielzeug und es ist erstaunlich, was geschickte Operateure aus diesem einfachen Teil herausholen können.

Ein Nachteil sei hier nicht verschwiegen: Das Audion strahlt auf der Empfangsfrequenz. Schließlich sitzt hier ein Oszillator ganz vorne an der Antenne. Eine Eigenschaft, die es übrigens mit allen DC-Empfängern gemein hat. 
Doch dem kann abgeholfen werden. Man platziert vor dem eigentlichen Audion noch eine HF-Verstärkerstufe. Aus einem 0V1, wie hier in Pauls Fall, wird dann ein 1V1. Käme noch eine zweite NF-Stufe hinten dran, hätte man dann das Super-DeLuxe Gerät, einen 1V2.

Ein solches Audion - im Englischen übrigens Regeneration Receiver genannt - habe ich vor einiger Zeit schon hier im Blog vorgestellt. Ihr erinnert euch vielleicht an Andy's Audion. Hier geht es zur Schaltung dieses Empfängers.

Wer in den Untiefen der E-Bucht taucht, der ist vielleicht schon auf den Verkäufer Donautal gestoßen. Er vertreibt Audion-Bausätze. Vielleicht probier ich mal einen aus. So als Trost für meinen QCX, der immer noch in der dunklen Kiste hockt und über seinen Mikroprozessor brütet.


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