Freitag, 22. Juni 2018
HamNet: zuwenig Fleisch am Knochen.
Das Hamnet soll ein Internet für Funkamateure sein, so lautet die Botschaft.
Allein mir fehlt der Glaube. Lange habe ich im Web herumgestöbert und wurde dabei doch nur konfus. Vielleicht liegt es daran, dass es mir noch keiner richtig erklärt hat oder ich einfach zu dumm bin, dieses "Wunderkind" zu begreifen.
Und so trage ich nach wie vor die Frage mit mir herum: Was kann das Hamnet, was mein Internet nicht kann?
Wo liegt das Geheimnis verborgen?
Ich lese auf den Seiten von Hamnet-Aktivisten z.B. von Web-Foren, Mailbox-Webaccess, von DX-Clustern, von eigenen Webseiten, Web-SDR, fernbedienten Stationen, Videostreams und Web-Cams, von Chat und Videokonferenzen, Clouds und FTP Server, von Wetterstationen, Suchmaschinen und Internet-Telefonie.
Doch das alles habe ich auf meinem "gewöhnlichen" Internet auch. Zumindest hier ist ja das Internet kein "Neuland" mehr.
Auch der Notfunk wird als Argument bemüht. Wenn das Internet wegen großflächigem Stromausfall in die Knie geht, soll das Hamnet weiter funktionieren. Trotz Tunnelverbindungen zwischen Knoten und trotz Zugang von OM Waldheini via normalem Internet zum Hamnet, mangels Sichtverbindung im 5 GHz Band?
Ich glaub' mich laust ein Affe!
Ist doch gerade dieser Zugang über den Aether die eigentliche Knacknuss.
Schon bei uns auf dem Land trifft sich Hinz und Kunz mit seinem Elektronikschrott im 5 GHz Band, weil das 2.4 GHz Band am Anschlag ist. Der Frequenzhunger immer neuer Short Range Devices ist enorm und das Wachstum im Mikrowellenbereich ungebremst.
Und in diesem Umfeld will der Hamnet-OM nun kilometerweit quer durch die Stadt seinen Zugang einrichten. Mit hoher Bandbreite, da High Speed, versteht sich. Denn auch das ist einer der Punkte auf der Argumentationsliste: das Hamnet soll möglichst schneller sein als das Internet.
Kein Zweifel: die Errichtung eines Hamnets ist für Netzwerk- und Internet-Spezialisten eine Traum-Aufgabe und ein wunderbares Experimentierfeld. Das ist sicher im Sinne des Amateurfunks.
Aber es wird wohl so sein wie überall: läuft es einmal, ist der Ofen aus und es ist für die Pioniere nicht mehr spannend. Für diese ist es solange interessant wie es nicht läuft. Einmal in Betrieb, kommt dann meistens eine andere Kaste zum Zug: die Verwalter springen in die Bresche - gute Organisatoren aber in der Regel nicht besonders innovativ.
Für die meisten OM wie Du und Ich ist das Hamnet uninteressant. Es hat zu wenig Fleisch am Knochen. Und für den Appliance OM ist es sowieso mit zuviel Mühsam verbunden. Auch wenn er die Hardware für wenig Geld erstehen kann.
Meines Erachtens besitzt das Hamnet kein Alleinstellungsmerkmal, das ihm zum Durchbruch verhelfen könnte. Wirklich neue Anwendingen kann ich keine entdecken. Es steht auch keine innovative Technologie dahinter, und es ist weit davon entfernt einen disruptiven Technologiesprung zu initialisieren. Basiert es doch auf 08/15 Komponenten.
Hier noch ein interessanter und aktualisierter Erfahrungsbericht von DF9OM
Bild: Besuch aus dem Süden. Ein Schwärmer (Taubenschwanz) delektiert sich am Nektar der Nelken.
Die Tierchen werden wegen ihres Schwirrfluges und der wie Knopfaugen aussehenden Komplexaugen manchmal für Kolibris gehalten.
Donnerstag, 21. Juni 2018
Relais abschalten? Nein, verbinden!
Manchmal muss man an der Kiste rütteln, dann fallen einem interessante Perlen auf die Füsse:
Mein Vorschlag im letzten Blog, alle Relais abzuschalten, ist auf (negative) Resonanz gestoßen.
Nicht etwa bei den Usern - von denen gibt es ja nicht mehr so viele - sondern bei den Betreibern.
Ich denke, der Aufbau und der Unterhalt der Relais ist wesentlich interessanter, als darüber zu funken. Das dürfte auch auf dieses ominöse Hamnet zutreffen. Doch darüber werde ich mich im nächsten Blog "auslassen".
Etwas Neues aufzubauen, auszuprobieren und damit Erfahrungen zu sammeln, ist eines der wichtigsten Elemente im Amateurfunk. Kein Wunder schießen die Relais immer noch wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden. Jeder Verein, und sei er noch so klein, muss sein eigenes Relais haben. Am liebsten noch je eins in allen digitalen Varianten. Fehlt ein prominenter Hügel - von einem Berg will ich erst gar nicht sprechen - tuts auch eine hohe Hütte im Tal. Hauptsache Relais.
Doch die Entwicklung geht nicht immer vorwärts. Back to the Roots ist oft auch eine Alternative.
So hat zum Beispiel die Amateurfunk Relais Interessengemeinschaft Mittlerer-Neckar e.V. in unserem "Nachbarkanton" Baden-Württemberg "das Rad neu erfunden" und vier Relais auf raffinierte Weise zusammengeschaltet. Drei 70cm und ein 2m Relais in guter alter FM Analogtechnik. Notabene ohne den lästigen Subaudio-Ton, rein Träger gesteuert.
So kann man denn durchs Ländle fahren und dabei mit interessanten OM parlieren und muss nur mal den Kanalschalter bewegen um die Verbindung nicht abbrechen zu lassen. Das leuchtet sogar mir als Relaismuffel ein, und wenn ich das nächste Mal ennet dem Bodensee unterwegs bin, werde ich das gerne ausprobieren.
Die vier Relais sind übrigens Notfunk tauglich. Denn sie laufen ab Batterie oder Notstromaggregat und sind nicht übers Internet miteinander verbunden, sondern über den Aether mittels Sub-Empfängern. Ein weiterer Pluspunkt für dieses System.
So könnte Relaisfunk wieder Spaß machen. Anstatt für jeden OM ein Relais, ein Relais für alle. Weniger ist mehr.
In der Schweiz würden vermutlich drei Sprechkanäle reichen. Einige miteinander verbundene Relais auf wirklich prominenten Bergen könnten das schaffen. Notfunk tauglich, versteht sich.
Bilder: Telegrafisten unter sich. Andy HB3YAF und Bernd DK1DU diskutieren über Andys QCX im Steampunk-Look und das Morsen mit Hosenknopf-Tasten.
OT: Liebt ihr auch klassische Cello-Musik?
Mittwoch, 20. Juni 2018
2m horizontal oder vertikal?
"Wieso wird im 2m Band bei FM vertikale und bei SSB horizontale Polarisation verwendet? Wäre es nicht einfacher, beide Betriebsarten wären gleich polarisiert?"
Das sind Fragen, die man oft von Newcomern hört, und sie sind durchaus berechtigt.
Um zu verstehen, wie der Gebrauch der unterschiedlichen Polarisationen zustande kam, muss man in der Zeit Jahrzehnte zurückreisen.
Der Amateurfunk im UKW-Bereich hat in den 20er Jahren seinen Anfang genommen. Zuerst im 5m Band zwischen 56 und 60 MHz. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Amateurfunk auf UKW zusehendes populärer. Zuerst bei den Technikern und nach dem Erscheinen der ersten Kaufgeräte auch bei der großen Masse der OM. In Europa konzentrierte sich der Betrieb vorerst auf das 2m Band, denn der untere VHF-Bereich wurde hier vom Fernsehen in Beschlag genommen. Nur den Amerikanern blieb das 6m Band. Gab man sich doch ennet dem Atlantik mit einer geringeren TV-Qualität zufrieden. Das bedeutete schmälere TV-Kanäle und so blieb den Funkamateuren das 6m Band erhalten.
Wieso auf 2m von Beginn weg mit horizontalen Dipolen gefunkt wurde, lag wahrscheinlich an der einfacheren Befestigung der Yagi-Antennen am Mast. Man kann die 2m Antenne auf die Mastspitze setzten, ohne dass der Mast die Antenne wesentlich beeinflusst. Bei einer vertikalen Yagi haben Mast und Yagi die gleiche Polarisation. Der Mast beeinflusst die Richtcharakteristik, wenn er in die Yagi hineinragt. Horizontale Yagis lassen sich auch einfacher stocken als vertikale. Im Portabelbetrieb - und auch beim Peilen - lassen sich die Horizontalen einfacher handhaben als die Vertikalen. Die horizontale Yagi sticht weniger ins Auge. ;-)
Ein weiterer Grund soll in der etwas geringeren Streckendämpfung liegen, bei Pfaden jenseits der optischen Sicht. Das sei auch der Grund, wieso das analoge terrestrische Fernsehen und der UKW-Rundfunk (in DL und HB) meistens horizontale Polarisation benutzten. Eine Studie dazu habe ich bisher aber nicht gefunden. DAB+ ist allerdings wieder vertikal polarisiert und beim digitalen Fernsehen werden verschiedene Polarisationen benutzt.
Anfang der 70er Jahre kamen dann die ersten FM Geräte auf, und um die Reichweite im Mobil- und Portabelbetrieb zu verbessern, wurden Relaisstationen installiert. Vorbild waren die Kommerziellen. Deren Dienste funkten schon eine Weile vertikal in FM. Und das aus gutem Grund:
Da Autoantennen in der Regel vertikale Stängel sind, genauso wie die Gummiwürste auf den Handy's, war der Fall klar: die Polarisation im FM-Betrieb musste vertikal sein. Richtantennen waren bei FM ja kaum ein Thema. Im Gegenteil: man wollte rundum senden und empfangen. Vor allem im Mobilbetrieb.
Soweit die Historie.
Heute haben wir den Salat. Wer mit seinem Blindenstock in SSB funkt und auf eine horizontal polarisierte Gegenstation trifft, muss mit ca. 20dB Polarisationsdämpfung rechnen. Das ist enorm viel, wie wir alle wissen, und auch der Grund, wieso Stationen mit Blindenstock oft darüber klagen, auf 2m SSB sei nichts mehr los. Das stimmt aber nur teilweise.
Im 70cm Band besteht das gleiche Problem. Nur ist dort außerhalb der Funkwettbewerbe im SSB-Bereich tatsächlich fast nur noch Rauschen zu hören. Seit die Morseprüfung abgeschafft wurde und auch DO und HB3er auf KW funken dürfen, hat auf UKW das grosse Rauschen überhand genommen. Allerdings nicht nur im SSB-Bereich: auf den Relais und den FM Simplex-Kanälen herrscht auch tote Hose. Schade um den Strom und das teure Equipment.
Vielleicht würde eine Radikalkur wieder neues Leben in die Bude bringen: Relais abschalten und alle stellen dafür auf vertikale Polarisation um.
Im Mikrowellenbereich - z.B. im 23cm und 3cm Band - wird in SSB und CW auch horizontal polarisierst gefunkt. Im 6m Band spielt die Polarisation nur bei der Bodenwelle eine Rolle. Horizontal bringt etwas bessere Reichweiten. Bei der Ausbreitung über die sporadische E-Schicht sind jedoch die reflektierten Wellen immer zirkular polarisiert, gleich ob die Sendeantenne das Signal vertikal oder horizontal in die Ionosphäre strahlt.
Bild: 6 Element nach DK7ZB, links davon eine Yagi für das 23cm Band.
Montag, 18. Juni 2018
Der Piepser und das quietschende Rad
Das Nebelhorn (Buzzer) auf 4625 kHz kennen viele Kurzwellenhörer. Doch der Piepser (The Piep) und das quietschende Rad (Squeaky Wheel) ist weniger bekannt. Dabei gehören diese seltsamen Sender vermutlich alle zur gleichen Kategorie und stammen aus Russland.
Der Piepser sendet tagsüber auf 5448 kHz und nachts auf 3756 kHz im 80m Amateurfunkband. Vermutlich steht der Sender in der Gegend des Asowschen Meeres. Das ist der Teil des schwarzen Meeres, der hinter der neu gebauten Brücke liegt, die nun das russische Festland mit der Krim verbindet.
Das quietschende Rad sendet tagsüber auf 5473 kHz und in der Nacht auf 3828 kHz. Sein Name stammt noch aus der Zeit, als sein Signal tatsächlich einem schlecht geölten Rad glich. Inzwischen wird eine Folge von zwei Tönen gesendet. Vermutet wird der Sender in St. Petersburg.
Beide Stationen senden sporadisch Sprachnachrichten: Zahlenfolgen und allerhand komisches Zeug auf Russisch. Wie auch beim Nebelhorn (Buzzer) scheint es, dass die Töne von einem Tonband über ein Mikrofon eingespeist werden. Das deutet darauf hin, dass es sich um alte Anlagen handelt.
Vielleicht hat man einfach vergessen, sie nach dem kalten Krieg abzuschalten ;-)
Über den Zweck dieser mysteriösen Sender wird nach wie vor gerätselt.
Wer mehr über diese Spekulationen lesen möchte und auch sonst ein Faible für Spionage-Geschichten hat, für den könnte diese Seite eine Fundgrube sein. ENIGMA2000 gibt auch regelmäßig einen Newsletter heraus, den man abrufen kann. Hier die neuste Ausgabe aus der Welt der Spionage und mysteriösen Sender.
Bild: Passend zu den Wetterkapriolen der letzten Zeit: kleiner Vortex in der Nähe meines Shacks.
Und hier Off Topic ein paar andere Kapriolen. Cheese rolling contest 2018:
Samstag, 16. Juni 2018
Kalte Lötstellen in alten Geräten
Die automatische Bestückung mit SMD-Komponenten und das Reflow-Löten hat nicht nur die Kosten in der Produktion drastisch gesenkt, sondern auch die Qualität verbessert. Durch die automatische Fertigung sind unsere Transceiver zuverlässiger geworden.
Mein IC-475H, ein 70cm Allmode-Transceiver, ist noch in alter Manier gebaut: mit bedrahteten Komponenten in sogenannter THT-Technologie, und vermutlich mit der Lötwelle gelötet oder teilweise noch von Hand.
Entwickelt wurde der Transceiver Mitte der Achtzigerjahre. 1987 wurde er auf dem Markt eingeführt. Ein neues Gerät in dieser Technologie würde heute das Mehrfache eines FT-991 kosten. Dank der automatischen Fertigung und der höheren Integration sind Amateurfunkgeräte heutzutage wesentlich günstiger als in den Achtzigerjahren (inflationsbereinigt).
Doch diese alten Kisten haben ihr "Ablaufdatum" längst überschritten und ihr Alter macht sich in mangelnder Zuverlässigkeit bemerkbar. Die Ausfallquote steigt und wenn die Geräte nicht im Keller landen, werden sie an Flohmärkten "rezykliert".
Auch mein IC-475H hat dem Zahn der Zeit nicht standgehalten. Und wie so oft bei diesen alten Kriegern, zeigte sich die Altersschwäche in Form sporadischer Aussetzer. Nach einer gewissen Betriebszeit war der Empfänger tot - am nächsten Tag lief er wieder. Ein erratisches Verhalten, das typisch ist für Geräte in diesem Alter und das die Fehlersuche sehr erschwert: Meint man, dem Problem endlich auf der Spur zu sein, läuft die Kiste plötzlich wieder.
Ein häufiger Grund für derartige Ausfälle liegt bei diesen Jahrgängen oft Jahrzehnte zurück: Schon bei der Produktion wurden kalte Lötstellen produziert. Diese Lötstellen schlummern oft lange unentdeckt vor sich hin, bis sie nach vielen Temperaturzyklen zum Leben erwachen und sich bemerkbar machen. So auch in meinem Fall.
Glücklicherweise war es in meinem Gerät die NF, die zeitweise aussetzte. So liess sich die Problemzone eingrenzen. Trotzdem gehört eine Portion Glück zur Fehlersuche, nebst einem Oszilloskop und einem guten Stereomikroskop. Ohne letzteres hätte ich die kalten Lötstellen nicht sehen können und wohl aufs Geratewohl nachlöten müssen. Hier ein Blick durch das Mikroskop auf die kalten Lötstellen:
Erst mit vierzehnfacher Vergrößerung sind die Haarrisse gut zu sehen. Auf der anderen Seite der Platine steckt ein Transistor und wenn man an ihm wackelte, bewegten sich seine Anschlussdrähte in der Lötstelle :-)
Jetzt funktioniert der alte Transceiver wieder. Vorsichtshalber habe ich die ganze Platine nach weiteren kalten Lötstellen abgesucht: und ich wurde fündig. Vielleicht wären diese "Schläfer" in der nächsten Zeit auch erwacht, wenn ich sie nicht nachgelötet hätte.
Auf den nächsten zwei Bildern sind Vorder- und Rückseite der betreffenden Platine zu sehen (Mainboard):
Diese Bilder zeigen, wie aufwändig die damalige Technologie war. Neben dem Mainboard stecken ja noch ein paar weitere Platinen in diesem Monobander. Zum Beispiel eine komplizierte Frequenzaufbereitung. Typisch für diese Zeit ist auch die Verkabelung mit Kabelbäumen und Stiftsteckern. Heutzutage werden die einzelnen Platinen untereinander durch Flachkabel verbunden; und zwar durch so genannte FFC Flat flex Cable.
Natürlich sind auch die Stecker eine potenzielle Fehlerquelle in alten Geräten und manchmal hilft es, sie aus- und wieder einzustecken um eventuelle Oxydation zu beseitigen.
Defekte Komponenten hingegen sind seltenere Fehlerquellen. Mit Ausnahme von Elektrolytkondensatoren aus der Zeit der Kondensatorenseuche oder Elkos an exponierten Stellen, wo sie hohen Temperaturen ausgesetzt sind.
Mein IC-475H, ein 70cm Allmode-Transceiver, ist noch in alter Manier gebaut: mit bedrahteten Komponenten in sogenannter THT-Technologie, und vermutlich mit der Lötwelle gelötet oder teilweise noch von Hand.
Entwickelt wurde der Transceiver Mitte der Achtzigerjahre. 1987 wurde er auf dem Markt eingeführt. Ein neues Gerät in dieser Technologie würde heute das Mehrfache eines FT-991 kosten. Dank der automatischen Fertigung und der höheren Integration sind Amateurfunkgeräte heutzutage wesentlich günstiger als in den Achtzigerjahren (inflationsbereinigt).
Doch diese alten Kisten haben ihr "Ablaufdatum" längst überschritten und ihr Alter macht sich in mangelnder Zuverlässigkeit bemerkbar. Die Ausfallquote steigt und wenn die Geräte nicht im Keller landen, werden sie an Flohmärkten "rezykliert".
Auch mein IC-475H hat dem Zahn der Zeit nicht standgehalten. Und wie so oft bei diesen alten Kriegern, zeigte sich die Altersschwäche in Form sporadischer Aussetzer. Nach einer gewissen Betriebszeit war der Empfänger tot - am nächsten Tag lief er wieder. Ein erratisches Verhalten, das typisch ist für Geräte in diesem Alter und das die Fehlersuche sehr erschwert: Meint man, dem Problem endlich auf der Spur zu sein, läuft die Kiste plötzlich wieder.
Ein häufiger Grund für derartige Ausfälle liegt bei diesen Jahrgängen oft Jahrzehnte zurück: Schon bei der Produktion wurden kalte Lötstellen produziert. Diese Lötstellen schlummern oft lange unentdeckt vor sich hin, bis sie nach vielen Temperaturzyklen zum Leben erwachen und sich bemerkbar machen. So auch in meinem Fall.
Glücklicherweise war es in meinem Gerät die NF, die zeitweise aussetzte. So liess sich die Problemzone eingrenzen. Trotzdem gehört eine Portion Glück zur Fehlersuche, nebst einem Oszilloskop und einem guten Stereomikroskop. Ohne letzteres hätte ich die kalten Lötstellen nicht sehen können und wohl aufs Geratewohl nachlöten müssen. Hier ein Blick durch das Mikroskop auf die kalten Lötstellen:
Erst mit vierzehnfacher Vergrößerung sind die Haarrisse gut zu sehen. Auf der anderen Seite der Platine steckt ein Transistor und wenn man an ihm wackelte, bewegten sich seine Anschlussdrähte in der Lötstelle :-)
Jetzt funktioniert der alte Transceiver wieder. Vorsichtshalber habe ich die ganze Platine nach weiteren kalten Lötstellen abgesucht: und ich wurde fündig. Vielleicht wären diese "Schläfer" in der nächsten Zeit auch erwacht, wenn ich sie nicht nachgelötet hätte.
Auf den nächsten zwei Bildern sind Vorder- und Rückseite der betreffenden Platine zu sehen (Mainboard):
Diese Bilder zeigen, wie aufwändig die damalige Technologie war. Neben dem Mainboard stecken ja noch ein paar weitere Platinen in diesem Monobander. Zum Beispiel eine komplizierte Frequenzaufbereitung. Typisch für diese Zeit ist auch die Verkabelung mit Kabelbäumen und Stiftsteckern. Heutzutage werden die einzelnen Platinen untereinander durch Flachkabel verbunden; und zwar durch so genannte FFC Flat flex Cable.
Natürlich sind auch die Stecker eine potenzielle Fehlerquelle in alten Geräten und manchmal hilft es, sie aus- und wieder einzustecken um eventuelle Oxydation zu beseitigen.
Defekte Komponenten hingegen sind seltenere Fehlerquellen. Mit Ausnahme von Elektrolytkondensatoren aus der Zeit der Kondensatorenseuche oder Elkos an exponierten Stellen, wo sie hohen Temperaturen ausgesetzt sind.
Freitag, 15. Juni 2018
Hat Joe Taylor den Amateurfunk zerstört?
Kirks langer Artikel ist zwar als Glosse gedacht, doch die explosionsartige Verbreitung von FT-8 und die damit verbundene Verdrängung der klassischen Betriebsarten kann durchaus solche Gedanken aufkommen lassen.
Das Jahr 2017 sei das Jahr, in dem der Amateurfunk gestorben sei, meint Kirk. Es sei die Stunde Null einer neuen Zeitrechnung für die Funkamateure. 2018 sei deshalb der Beginn der Hampocalypse oder in der neuen Zeitrechnung das Jahr 1AT (1 year after Taylor).
Natürlich sei die Zerstörung des Amateurfunks nicht Joe Taylors Absicht gewesen. FT-8 sei sozusagen ein Unfall, wie ein Virus das aus einem Hochsicherheitslabor entwichen sei und sich exponentiell vermehrt und die Bevölkerung befallen habe.
Kirk besteigt in seinem Artikel eine fiktive Zeitmaschine und reist damit in die Zukunft des Amateurfunks. Er beschreibt die Einführung der nächsten Betriebsarten aus der Taylor-Familie: FT-9 und FT-10. Diese würden zwar wieder eine bescheidene persönliche Interaktion der Funker ermöglichen, doch es sei bereits zu spät. Die wenigen verbliebenen Funkamateure hätten ihr Interesse an Konversation verloren und würden sich stattdessen ganz auf den automatischen Austausch von Signalrapporten und das Sammeln von Locator-Feldern konzentrieren.
Im Jahr 2AT (Year 2 after Taylor) würden dann nicht von Computern kontrollierte QSO's von den Bändern verbannt und dem Amateurfunk nur noch kleine 5kHz Bänder zugeteilt, da dies für die veränderte Aktivität genüge. Auch die Bandwahl würde nun der Computer übernehmen, sodass immer die optimale Frequenz benutzt werde. Der CQWW-Contest werde im Jahr 2AT in CQJTWW umbenannt und erste Diplome würden dann an OM vergeben, die gar nicht wüssten, dass sich ihr Computer am Contest beteiligt habe.
Im Jahr 3AT sei dann die Beteiligung von Menschen am Amateurfunk vollständig obsolet. Der Amateurfunk werde deshalb abgeschafft. Bei seiner Zeitreise habe Kirk aber von einer KI (künstlichen Intelligenz) erfahren, die mit einer FT-11 Beta Version das DXCC in 478 Millisekunden geschafft und damit einen neuen Rekord aufgestellt habe. Der letzte CQJTWW-Contest vor der Abschaffung des Amateurfunks habe auch nur noch 8,5 Sekunden gedauert.
Soweit die Fiktion von Kirk NT0Z.
Sie ist zwar stark überzeichnet, doch der Trend ist offensichtlich, wie man feststellen kann, wenn man die Bänder beobachtet. FT-8 ist im Begriff, zur dominierenden Betriebsart zu werden und die bisherigen Modi zu verdrängen. PSK31 ist rar geworden und nur unverbesserliche Nostalgiker funken noch in RTTY. Auch CW findet man außerhalb der Wettbewerbe nur noch spärlich in einigen Reservaten. Das 80m CW Band wirkt zeitweise wie ausgestorben. Vermutlich werden auch die SOTA-Gänger in Zukunft vermehrt auf FT-8 setzen. Eines Tages wird der Computer wohl die QSO's selbstständig abwickeln, während der OM derweil die Aussicht genießt.
Mittwoch, 6. Juni 2018
Außerordentlich gute Es Saison
Gewitterzeit im Mai/Juni ist auch Es Zeit. Zwar wird immer noch am Enstehen der sporadischer E-Schichten herumgerätselt, doch Gewitter scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen.
Wie auch immer: zurzeit geht die Post ab und es herrschen nicht nur gute Bedingungen im 10m und 6m Band. Auch auf 2m kamen in den letzten Tagen während Stunden Verbindungen quer durch Europa zustande.
Auf 6m konnten auch immer wieder Stationen an der US-Ostküste und in der Karibik erreicht werden. Diese Mehrfachsprünge über sporadische E-Schichten sind sonst recht selten.
Wer nichts verpassen und die Es-Szene zeitnah verfolgen möchte, dem kann die Seite von G7IZU sicher eine Hilfe sein.
Bild: Während wir im Flachland in einer außergewöhnlichen Gewitterperiode stecken, kämpft sich der SOTA-Wanderer in den Bergen noch durch die Reste von Lawinen.
Montag, 4. Juni 2018
Der Baum als Antenne
Der Baum ist der beste Freund des Funkamateurs. Wer rund um seine Behausung nur englischen Rasen hat und anstatt Vogelstimmen bloß das Summen des Mähroboters hört, braucht einen Antennenmast. Wer hingegen einen Baum sein Eigen nennt, kann beim Antennenbau weniger auffällig verfahren und eventuellen HF-Phobikern ein Schnippchen schlagen. Ein Draht ist schnell gespannt und der Baum nimmt dies in der Regel nicht übel.
Allerdings gibt es auch Funkamateure, die ganz auf den Draht verzichten und den Baum selbst als Antenne (miss)brauchen wollen.
Der Baum - so lautet ihre Überlegung - leite ja das Wasser von seinen Wurzeln in die Blätter, und dieses könne, angereichert durch die darin gelösten Nährsalze, durchaus als Leiter herhalten.
Und so wird denn immer wieder versucht, mit allerlei Tricks Hochfrequenz in den Baumstamm einzuspeisen.
Den Grundstein zu diesem seltsamen Unterfangen hat wohl eine Untersuchung der US-Army gelegt. Seitdem kommt das Thema in der Amateurfunk-Literatur immer wieder hoch wie ein sporadischer Rülpser. Ein Leser hat mir dazu folgenden Artikel geschickt. Taucht man in die Tiefen des Internets findet man noch weitere, wie zum Beispiel den hier.
Persönlich halte ich nicht viel von einem solchen Unterfangen. Auch grünes Holz ist ein schlechter Leiter und wieso sollte ich meinen Baum mit Gamma und Deltamatch oder Nägeln plagen, die ich ihm ins Holz treibe, wenn es wesentlich bessere und dazu noch einfachere Lösungen gibt?
Auch der älteste OT findet sicher einen jungen Kletterer, der eine unauffällige, isolierte Litze in der Baumkrone befestigen und dem Baumstamm entlang nach unten führen kann. Ein automatischer Tuner am Fuss des Baums, zusammen mit ein paar Radials, vervollständigt diese Antennenanlage. Natürlich geht auch hier durch die Dämpfung des grünen Holzes das eine oder andere dB verloren. Doch diese Art Antenne ist um Längen besser als den Baumstamm als HF-Leiter zu missbrauchen, und sie ist mindestens genauso unauffällig. Zudem dürfte der Autotuner in der Regel den Draht auf den meisten Bändern anpassen, und damit erhält der OM eine Stealth Allbandantenne!
Allerdings nicht für den Kurzstreckenverkehr im 80m Band. Eine solche Antenne ist ein Flach- und kein Steilstrahler.
Bei der letzten 80m Fuchsjagd hatte ich nicht einmal einen jungen Kletterer dabei. Die Jungen wollten nämlich alle den Fuchs jagen. So habe ich halt einen Fiberglas-Teleskopmast mit angeklebtem Draht am Stamm einer großen Buche entlang nach oben geschoben. Ich musste den Mast nicht einmal anbinden; die Äste des Baumes haben ihn gehalten. Und da es ein 15m Mast war, genügten ein paar Windungen am Mastfuss, um die Antenne auf 80m in Resonanz zu bringen. Zu sehen war das Gebilde dank der grauen Farbe auch nur, wenn man schon fast die Nase am Baum hatte ;-)
Grau ist m.E. die beste Tarnfarbe für eine Drahtantenne. Hochflexible isolierte Litze wie diese hier sieht man kaum.
Wer sich für den Einfluss der Bäume auf die KW-Wellenausbreitung (Dämpfung) interessiert, sollte sich die QST vom Februar 2018 besorgen (von einem ARRL Mitglied). Das war nämlich in dieser Ausgabe das Titelthema.
Und noch ein Tipp für das Verlegen von Radials (auch im englischen Rasen). Mit einer alten Kettensäge lassen sich im Nu die Furchen ziehen um die Drähte reinzulegen.
Bild: Der Findling und sein Baum