Donnerstag, 28. April 2016

Ein Truckli für den IC-7300

Wenn der ADC im IC-7300 überlastet wird, hilft nur der RF-Regler - der jedoch auch die Empfindlichkeit verringert - oder eine bessere Vorselektion.

Kürzlich hatte ich einen einfachen Preselektor vorgeschlagen. Nun habe ich ihn in eine brauchbare Form gebracht und für den Bereich 3 bis 30 MHz aufgebaut. Er sitzt nun in einem kleinen Kästchen auf dem IC-7300 und sieht so aus:


Rechts davon ist übrigens das Kontrollkätchen für den Tuner JC-4 von Stockcorner zu sehen. Hier ein Blick ins Truckli, bevor dieses verschlossen wurde. Ich habe es aus Leiterplatten-Material gebaut:



Der Preselector hat drei überlappende Bereiche, die sich mit einem Drehschalter wählen lassen. Aus einem Spleen heraus habe ich alle drei Plattenpakete des Drehkos ausgenutzt. Doch die Schaltung lässt sich auch mit einem Einfachdrehko realisieren. Der Drehschalter braucht dann lediglich eine zusätzliche Umschaltebene.

Mit einem Schalter lässt sich der Preselektor deaktivieren. Wenn er zugeschaltet ist, steuert der IC-7300 (von der Buchse SEND) ein Relais und überbrückt den Preselektor im Sendefall.

Das, und die weiteren Schaltungsdetails kann man dem folgenden Schema entnehmen:


Im Gegensatz zum MFJ 1048 und dem Preselektor des BCC, die einen Seriekreis verwenden und dazu Ein- und Ausgang auf ca. 5 Ohm heruntertransformieren, habe ich Parallelkreise verwendet. Damit wird die Schaltung einfacher und zusätzliche Verluste durch die Trafos können vermieden werden. Außerdem kann das Statorpaket des Drehkos an Masse gelegt werden.

Die Selektion ist nicht besonders hoch, doch zur Vermeidung eines ADC-Overflows genügen ein paar dB in den störenden Rundfunkbändern. Wichtig war mir, dass der Preselektor keine merkbare zusätzliche Dämpfung im Durchlassbereich verursacht. Hier die gemessenen Dämpfungswerte und Bandbreiten:


Natürlich werden dem gewieften Bastler ein paar Seltsamkeiten auffallen. Doch die Schaltung ist ein erster Wurf und sicher verbesserungsfähig. Ein weiterer Drehko wartet bereits in der Bastelkiste auf neue Versuche.

Das folgende Video zeigt die Wirkung am IC-7300 im 20m Band beim Zu- und Wegschalten des Preselektors:


Und hier sehen wir die Selektionswirkung im Falle des 10 MHz Bandes auf dem Spktrumanalyzer.

Im Großen und Ganzen bin ich mit dem neuen Truckli zufrieden. es beseitigt zuverlässig die Überlastung des ADC (OVL-Anzeige!) durch starke Signale aus den Rundfunkbändern. Doch gegen starke Signale durch Amateurfunkstationen in der Nähe, die im gleichen Band arbeiten, reicht die Selektion nicht aus. Glücklicherweise ist das bei mir nicht der Fall.

Für Neugierige hier noch die KW-Vorfilter, die im IC-7300 eingebaut sind. Sie sind wenig steil und fressen deshalb links und rechts ziemlich über den Zaun. Wie man sieht, hat Icom auf den höheren Bändern gespart:

0.03 - 1.59 MHz
1.6 - 1.99 MHz
2.0 - 2.99 MHz
3.0 - 4.49 MHz
4.5 - 6.49 MHz
6.5 - 7.99 MHz
8.0 - 9.99 MHz
10  - 14.99 MHz
15  - 21.99 MHz
22  - 29.99 MHz

Zukünftige (teurere) Modelle dürften vermutlich mit einzelnen Bandfiltern für die Amateurfunkbänder oder einer automatisch mitlaufenden Vorselektion aufwarten. Wetten dass?


Dienstag, 26. April 2016

Testbericht von Adam Farson zum IC-7300



Adam hat den IC-7300 ausführlich getestet. Hier sein Bericht.
Er geht darin auch auf die Besonderheiten der Direct-SDR-Architektur ein und weist auf die Unterschiede zu Superhet-Empfängern hin. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Resultate seiner NPR-Messungen. Besonders wenn man diese mit seinen bisherigen Messungen vergleicht.

Hier der Vergleich mit dem FT-991. Die Empfänger sind im 80m Band etwa gleichwertig. Auf 40m gerät der Yaesu jedoch leicht ins Hintertreffen.
Anders sieht es aus, wenn man die Resultate des NPR-Tests mit dem K3 vergleicht. Ihn kann der 7300er nicht schlagen. Interessanterweise hat er aber gegenüber dem Cloud IQ SDR die Nase vorne.

Der IC-7300 kommt in seinem Testbericht sehr gut weg. Der einzige Wermutstropfen ist der Overload des ADC ab -10dBm. Ist die Antenne gut und breitbandig, muss mit massiven Störungen aus den Rundfunkbändern gerechnet werden. Abhilfe schafft in diesem Fall ein zusätzlicher Preselector wie zum Beispiel der oben im Bild.

Auch Rob Sherwood hat jetzt den IC-7300 in seine famose Liste aufgenommen. Allerdings misst er noch wie eh und je.


Montag, 25. April 2016

Leserpost zum IC-7300



In letzter Zeit hat sich etwas Leserpost zum IC-7300 angehäuft. Hier einige interessante Beiträge.

Mathias DK4BM schreibt:

Hallo lbr OM Anton,
was haben diese Menschen alle gemein?
Ich glaube nichts, oder die Schnittmenge ist so klein, dass sie mit meinem Equipment nicht mehr messbar ist.
Jedenfalls war ich gestern in einem Musik-Konzert in der Nähe und war natürlich wie immer bei Anlässen dieser Art, sehr an der verwendeten Bühnentechnik interessiert.
Zugleich dachte ich an meine Hifi-Anlage zuhause und stellte Parallelen her.
1973 wurde bei Philips und Sony der jetzige Standard für unseren immer noch sehr beliebten Tonträger, die Compact-Disc beschlossen und verankert.
1983, also 10 Jahre später kamen die ersten CD-Player auf den Markt, um der Analog-Schallplatte den Rang abzulaufen.
Zeitgleich stellte sich eine Gegenbewegung ein, die bis heute mit den unterschiedlichsten Tatsachen aber auch Vodoo-Geschreibsel am „schwarzen Gold“ festhält.
Anfänglich zu recht, denn die ersten Player waren mit ihren Laufwerken und unpräzisen Wandlern alles andere als gut klingende Geräte.
Nach den ersten Jahren waren die Kinderkrankheiten überwunden und die Geräte samt ordentlich gefertigter Tonträger der analogen Schallplatte weit überlegen.
Allen Unkenrufen zum Trotz hat sich bei mir auch noch keine CD aufgelöst, so wie es die Weltuntergangsfanatiker prophezeit haben.
Zwar gab es das sogennante „Bronzing“ bei einigen fehlerhaft gepressten Scheiben, die Anzahl dieser steht aber in keinem Verhältnis zu den Ausschuss-Vinyl-Pressungen, wo das Etikett auf der Rille klebte, seltsame Granulat-Auswüchse den teuren Abtaster in die ewigen Jagdgründe beförderte oder durch falsche Lagerung ein Höhenschlag entstand, der sowohl den Bassmembranen als auch meinen Ohren schwer zu schaffen machte.
Kurzum, unsere Musik-Welt ist seit langem mit Wandlern verdigitalisiert: Von der Aufnahme bis zur Wiedergabe im Studio oder auf der Bühne, wo das Musikinstrument oder die Stimme mit der sündhaft teuren Technik verbunden wird, gibt es kaum oder gar keine analogen Zwischenschritte mehr.
Auf Details will ich hier nicht weiter eingehen, das würde den Blog auch sicher für viele Leser uninteressant machen.
Fakt ist aber: Die alten 1“ Bänder sind seit Jahrzehnten passé und das ist auch gut so, denn auf ihnen verschwinden ganze Frequenzblöcke während die die Vor-Echos sich mit dem immer lauter werden Rauschen die häufig schon aufgeweichte PVC-Folie teilen.
Fragt man einen Tontechniker heute nach getaner Arbeit bei einem Absacker, ob er gerne nicht mal wieder mit der „guten alten Technik“ schneiden und mischen wolle, schaut man in ein fahles, blass werdendes Gesicht mit geweiteten Augäpfeln und der klaren Aussage: “Um Himmels Willen bloß das nicht.“
Sicherlich mag mein Geschreibe den Vodoo-Jüngern gar nicht gefallen, denn mit Lautsprecherkabeln lassen sich pro Meter auch ganz locker Preise von EUR500,- und mehr erzielen.
Mit den wildesten Formeln wird hier dem Laien vermittelt, warum die Musik mehr Wärme und Räumlichkeit erhält.
Solche Mitmenschen haben noch nie in einem Probenraum gestanden oder ein Tonstudio besucht.
Sicher, die Wahrheit tut manchmal weh.
Zurück zum Icom IC-7300: Ich selbst habe noch kein Gerät in den Fingern gehabt, was in der Gesamtheit eine so runde Mischung ergibt wie dieser autarke Transceiver, der ohne PC das leistet, was andere Geräte in weitaus teureren Gefilden nicht können.
Ich betrachte hier nur die Empfängerseite, denn der Sender ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben.
Nimmt man also wieder den Tontechniker, der bei analogen Aufzeichnungsgeräten je nach Bandgeschwindigkeit und Güte noch bis +12dB aussteuern konnte.
Bei Einführung der ersten digitalen Aufzeichnungsgeräte war, wie bei unserem SDR’s bei allen High geschalteten Bits Schluss.
Versuchte man beispielsweise einen DAT mit >0dB zu übersteuern, wurde man mit einer komplett unbrauchbaren Aufnahme belohnt.
Die gesamte Arbeit war für den Allerwertesten.
Diese Erfahrung mussten etliche Techniker machen und umlernen.
Speise ich einen 1kHz Sinus auf einer freien QRG im 20m Band über eine kleine Behelfsantenne aus meinem Messsender in meinem IC-7300 ein, erhalte ich ein stabiles Mikrobensignal ohne Fading. Fange ich nun an, den ADC des Empfängers mit Zuschalten der Preamps zu überfahren ist logischerweise das Mikrobensignal dahin.
Bewege ich aber meinen ADC dank RF-Gain und ATT in einem linearen Arbeitsbereich, ist das Signal immer zu hören, bis ich fast am Linksanschlag des stufenlosen Abschwächers angekommen bin.
Das Rauschen nimmt dabei nicht zu. Mache ich den gleichen Test mit einem analogen Transceiver der deutlich höheren Preisklasse bekomme ich das Signal überhaupt nicht zu hören, ganz einfach weil das Empfängerrauschen schon alles andere platt macht.
Der deutlich höhere IP3 hilft mir da nämlich gar nicht…
Die Klangqualität der DSP-Filter und NF-Endstufe des 7300ers ist im Übrigen ein Genuss, da müssen schon die meisten anderen passen.
Ich habe noch keinen so angenehmen und ruhigen RX besessen.
Ein Vergleich mit dem preislich ähnlich angesiedelten TS-590SG von Onkel Kenni steht an, konnte aber mangels Hardware noch nicht durchgeführt werden.
Theorie und Praxis, zwei Welten, das war schon immer soJ
Vy 73s de Mathias
DK4BM




Chris, DG8VC hat folgenden Kommentar zum Tuner-Dongle geschrieben. Dieser steht zwar im Kommentar-Bereich des entsprechenden Blog-Eintrags. Er scheint mir aber so wichtig, dass ich ihn hier noch einmal wiedergeben will:

Hallo Anton!
Mit der ICOM-Tuner Steuerung habe ich mich auch eine Zeit lang beschäftigt. Gibts ja auch für teuer Geld zu kaufen.
Es geht aber noch viel simpler:
http://www.qsl.net/kg6mvb/tuner.htmloder
http://www.hampedia.net/icom/ic-706-10-watt-tune-modification-an-icom-ic706-tune-trigger.phpFunktioniert an meinem IC-7200 einwandfrei.
73, Chris DG8VC


Ekki DK2CH hat sich den Layout des Mainboards im IC-7300 genau angesehen und eine interessante Entdeckung gemacht:
Hallo Anton,
ich habe mal das Layout vom Mainboard (Oberseite) für ADC und FPGA aus dem Service-Manual
(gibt es in mods.dk) rausvergrößert und die Anschlußbelegung vom LTC2208-14 und LTC2208 (16Bit) aus den Datasheet-Beschreibungen übernommen. Die ADCs sind pinkompatibel.
LTC2208-14 :
Eingang Pin 8 und 9
Ausgänge Pin 44 bis 48 und Pin 51 bis 59 (14 Bit)
Pin 42 und 43 wären dort NC, es gehen aber Leiterbahnen von diesen Pins zum FPGA.
LTC2208 (16Bit) :
Eingang Pin 8 und 9
Ausgänge Pin 42 bis 48 und Pin 51 bis 59 (16 Bit)
Also : Die Leiterplatte ist schon mal für den späteren Ausbau (16 Bit) vorbereitet und Daten vom Pin 42 und 43 werden in der FPGA-Software ( in Assembler NOP ) nicht benötigt oder es ist doch schon der 16 Bit-ADC eingebaut.
Wir spekulieren weiter, hi.
Anbei die drei JPG-Files.
vy 73 de DK2CH Ekkehard (Ekki)

Michael IN3RAY, der übrigens auch ein eigenes Blog hat, meint zum Preselector:

Hallo Anton,
auch ich stand mal vor den selben Problemen mit meinem SDR - als Preselector habe ich mich für ein "Z-Match" entschieden, da hat man dann Antennenanpassung und Vorselektion. Im WEB gibt es tolle Bauanleitungen. Würde mich freuen wenn du mal wieder auf meinem Blog vorbeischaust.
Beste 73 de
Michael / IN3RAY


Bild: Inselquiz. Um welche (europäische) Insel handelt es sich hier?







Sonntag, 24. April 2016

IC-7300 - Glauben und Wissen




Rund einen Monat ist es her, seit die ersten Funkamateure einen ICOM IC-7300 im Shack stehen haben. Die Diskussionen in den Foren sind inzwischen abgeflaut, die Emotionen haben sich gelegt. Nur ein paar Wadenbeißer sind noch unterwegs.

Was wissen wir heute über dieses angeblich so neuartige Gerät?

Was andere wissen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann nur berichten, wie es mir ergangen ist:

Mit Direct SDR hatte ich mich in der Vergangenheit nie befasst. Mir waren die Kisten zu teuer und Funkgeräte, die einen Computer zum Betrieb benötigen, ein Graus. Der IC-7300 hat mich jetzt motiviert, dieses Empfängerprinzip etwas genauer anzusehen.

Zuerst war ich überwältigt von der Möglichkeit, nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, was auf den Bändern passiert. Doch als die Overflow-Anzeige zu flackern begann, und plötzlich nur noch Gibberish zu sehen und zu hören war, verschwand die Euphorie schlagartig. Der IC-7300 zeigte ein Verhalten, das ich von anderen Transceivern nicht kannte. Starke Signale von Rundfunksendern im 31m Band konnten das 20m Amateurfunkband in eine Müllhalde verwandeln.

Nur der KX-3 von Elecraft hatte mich mit einem ähnlichen Phänomen überrascht. Doch der AM-Durchschlag beim KX-3 hatte eine andere Ursache. Beim IC-7300 ist der AD-Wandler (ADC) ab einem bestimmten Eingangspegel schlichtweg überfordert. Overflow - Überlauf, wird das Phänomen genannt.

Das ist keine Eigenart des IC-7300, sondern eine Eigenschaft aller Direct Sampler. Ob Flex, Anan, Elad und wie sie alle heißen. Alle haben einen maximalen Eingangspegel, den der Wandler verdauen kann. Wenn dieser Überschritten wird, kann es die Software nicht mehr richten. Der ADC ist das schwächste Glied in der Kette. Bricht es, ist der Ofen aus.

Beim IC-7300 sind es etwa -10 dBm, also ca. 70 mV. Das scheint viel, doch es handelt sich dabei um die Summenspannung, die von einer Antenne geliefert wird. Somit können auch mehrere Stationen unterhalb dieses Pegels gemeinsam den ADC in den Anschlag treiben.

Natürlich hängt das auch von der Antenne ab. Meine ist dummerweise recht breitbandig.
Aber es gibt noch einen anderen Faktor, der entscheidend ist: das Vorfilter (Preselector). Wenn vor dem ADC-Wandler Filter sitzen, kann zum Teil verhindert werden, dass zu hohe Summenspannungen auf den ADC gelangen. Im Idealfall wären das Bandfilter für jedes einzelne Amateurfunkband.

Beim IC-7300 ist das leider nicht der Fall. Für das 30m und 20m Band steht nur ein gemeinsames Filter von 10 bis 15 MHz zur Verfügung. Also keine schmale Tür, sondern ein Scheunentor, das alles, was in diesem Bereich geschieht, und noch etwas darüber hinaus, auf den ADC loslässt. Ein Kompromiss zu Gunsten eines günstigen Preises.

Allerdings hat ICOM eine Notlösung für den geplagten OM eingebaut: Der RF-Gain wirkt direkt auf einen stufenlosen PIN-Dioden-Abschwächer vor dem ADC. Damit kann man das Eingangssignal zurückregeln (dämpfen) und den ADC im Störfall entlasten. Dadurch verringert sich jedoch auch die Empfindlichkeit und schwache Signale verschwinden im Rauschen.

Ein akzeptabler Kompromiss, mit dem ich angesichts des günstigen Preises und der anderen "Features" leben kann. Der IC-7300 ist ja nicht per se ein schlechtes Gerät und hat viele gute Eigenschaften.

Doch die Illusion, der IC-7300 könnte vielleicht mehr sein und wesentlich teurere Superhet-SDR in den Schatten stellen, ist verflogen. Gegen Geräte, wie zum Beispiel der  TS-590 von Kenwood, hat das Teil keine Chance. Und das er mit dem IC-7600 gleichziehen würde, ist ein Traum. Der IC-7300 ist ein Low Cost und Lifestyle Gerät. Dazu ist das Direct-SDR Prinzip bestens geeignet.

Wie gesagt, alle Direct-SDR weisen einen maximalen Eingangspegel für ihren ADC auf. Und da alle mehr oder weniger die gleichen Wandler benutzen, bewegt der sich auch in der gleichen Größenordnung.

Aber es gibt noch andere Eigenheiten, die dieses Empfängerprinzip charakterisieren. Die Augen geöffnet hat mir das Studium der Unterlagen zum ADAT-200A. Dieser Direct-SDR Transceiver wurde von Hans Zahnd entwickelt und wird seit 2009 von Lixnet vetrieben. Ein geniales Ingenieur-Produkt, leider ohne adäquates Marketing. Das Resultat: Bedeutungslosigkeit und Nischendasein.

Der ADAT ist nicht gerade der Schönste und hat mehr das Flair eines Defibrillators als das eines Funkgeräts. Aber er ist der Ehrlichste von allen. Ein Blick in die Spezifikationen genügt. Da steht zum Beispiel klipp und klar -8dBm als maximale Eingangsspannung. Notabene ohne Vorverstärker und ohne Abschwächer. Daten, die man bei der Konkurrenz vergebens sucht.

Doch da ist noch mehr. Direct-SDR verhalten sich grundsätzlich anders als Superhets. Die klassischen Messungen führen daher auf den Holzweg. Denglisch Woodway ;-)

Klar wird das, wenn man die Parameter Verifikation des ADAT aufmerksam studiert. So wird zum Beispiel die klassische Intermodulationsmessung zur Farce.

Zitat aus dem Dokument: Während die IM3-Produkte eines analogen Vierpols mit 3dB pro 1dB Erhöhung des Einganssignals ansteigen, sind sie bei einem AD-Wandler in erster Näherung konstant. Dadurch wird der IP3 abhängig vom Eingangspegel und erreicht sein Maximum an der Übersteuerungsgrenze.

Doch das ist nicht die einzige Besonderheit der Direct-SDR, auf die man stößt. Erstaunlich, dass davon bei Rob Sherwood nichts zu lesen ist. Stolz steht nach wie vor der Flex 6700 an der Spitze seiner Liste und erreicht angeblich sagenhafte 108dB DR bei 2kHz Abstand, und das bei eingeschaltetem Vorverstärker. Das glaubt nicht mal der Storch.

Auch die ARRL hat mich enttäuscht. Im neusten Heft steht ein Testbericht über den ELAD. Kein Wort über den maximalen Eingangspegel. Kein Wort darüber, wie sich der Empfänger tatsächlich in Gegenwart von sehr schwachen und sehr starken Signalen im ganzen Eingangsbereich des ADC verhält. Stattdessen die üblichen Messungen.

Nur Adam Farson AB4OJ scheint mit seinen NPR-Messungen auf der richtigen Spur zu sein. Schaut man seine Resultate an, so erhält man einen Eindruck, wie gut Direct-SDR wirklich sind (s. S. 6-9)

Bild: Old Tschätterhänd lädt die Flinte nach

Mittwoch, 20. April 2016

Ein Tuner-Dongle für ICOM-Transceiver



Damit ich meinen neuen IC-7300 mit verschiedenen externen Antennentunern betreiben und die Tune-Taste auf dem Transceiver benutzen kann, habe ich heute einen "Dongle" gebaut.

Das ist ein Stecker, der in den Tuner-Anschluss auf der Rückseite des Geräts passt.
Eine kleine Schaltung veranlasst den Transceiver, beim Drücken auf die Tune-Taste während ca. 5 Sekunden ein 10W CW-Signal auszusenden. Das reicht den meisten automatischen Tunern zum Abstimmen.

Beim Anschluss des Original ICOM-Tuners ist das Teil natürlich nicht nötig. Auch der Stockcorner JC-4 lässt sich als ICOM-Tuner konfigurieren und direkt vom Transceiver aus steuern. Ein CG-3000 jedoch nicht. Ihm hilft der Tuner Dongle auf die Sprünge. Dieser lässt sich übrigens für alle ICOM-Transceiver seit dem IC-706 verwenden.

Da ich bereits in der Schule immer abgeschrieben habe (hinterste Reihe Fensterseite) macht es mir nichts aus, auch heute zu kopieren. Eine passende Schaltung für meinen Dongle habe ich hier gefunden.

Nach einem fliegenden Aufbau für einen ersten Versuch habe ich die Schaltung auf einen Laborprint gelötet und dann in einen Schrumpelschlauch gesteckt: In einen von der dickhäutigen Sorte, mit Klebemasse drin














Für den Kondensator habe ich 47uF genommen. Das ergibt ein Abstimmsignal von ca. 5 Sekunden. Der IC-7300 liefert beim Abstimmen je nach Band zwischen 8 und 9W. Genug um einen Tuner schonungsvoll abzustimmen.

Bild: Mein jüngstes "Kind": Wie bereits die letzten drei Bücher ein Steampunk/SF-Roman. Die Zukunft aus der Vergangenheit ;-)

Montag, 18. April 2016

Prozessgewinn

Direct Sampler, also Empfänger bei denen das Antennensignal über Bandpassfilter direkt auf den Wandler gelangt, wie zum Beispiel ANAN, FLEX oder ADAT, bedienten bisher bei Funkamateuren und passionierten Kurzwellenhörern nur eine kleine Nische. Die großen Amateurfunk-Hersteller wie Yaesu, Kenwood, Icom und Elecraft setzen zwar auch auf SDR, aber bevor das Signal den AD-Wandler erreicht, wird es auf eine Zwischenfrequenz gemischt, dort schmalbandig gefiltert (Stichwort Roofing Filter) und erst dann auf den AD-Wandler losgelassen.

Mit der Markteinführung des IC-7300 wird nun plötzlich die breite Masse der Funkamateure mit dem Direct Sampler konfrontiert. Aha-Effekte und Lernprozesse sind die Folge.
Eine gute Sache, den ein Tag unseres Lebens, an dem wir nichts dazu lernen, ist ein verlorener Tag.

Meine Blogeinträge zum IC-7300 haben eine Flut von Emails ausgelöst. Leider kann ich nicht auf alle eingehen. Ich müsste sonst eine Sekretärin anstellen.

Auch Paul, HB9DFQ, der sich intensiv mit SDR auseinandersetzt und experimentiert, hat mir zu diesem Thema ein interessantes Mail geschrieben. Hier ist sein Kommentar:


Ich möchte an dieser Stelle auch noch einige Informationen zum Thema SDR geben:

Es kommt nicht nur auf die Anzahl Bit des A/D-Wandlers an.
Delta-Sigma Audiowandler haben in der Regel nur ein Bit, arbeifen dafür mit extrem hohen Oversampling.

Was als Konversionsgewinn in einem SDR Empfänger rauskommt, möchte ich anhand von Messungen
an meinem Perseus-RX aufzeigen. Ich verwende zu diesem Zweck allerdings nicht die Original-Software sondern meine Eigene.

Die 4 Bilder in der Beilage zeigen den Signalverlauf innerhalb des Empfängers:

Als Testsignal wurde ein Signal mit einer Frequenz von 1 MHz und einem Pegel von -82 dBm verwendet.
-82 dBm entsprechen einem Signal zwischen S7 und S8.

Bild1 zeigt dieses Signal direkt nach dem Analog/Digital-Konverter.
Der ADC arbeitet mit 14 Bits und 80 MSamples/s.
Eine Signalperiode wird demnach 80 Mal abgetastet. Da die x-Skala um den Faktor 2 gedehnt wurde zeigt die Grafik eine Periodendauer von 160 auf.
Das Signal ist so stark verrauscht dass es kaum erkennbar ist.




Die Datenrate dieses Signals wird nun im Downkonverter soweit dezimiert damit das Signal mit einer tieferen Rate via USB zum PC übertragen werden
kann. Das wird im Perseus mit einem FPGA realisiert, es gibt jedoch auch spezielle IC's dafür.

Bild2 zeigt nun was aus dem Perseus-Kästchen rauskommt:Es ist ein I/Q Signal welches schon 2x24 Bit Auflösung hat und
viel weniger verrauscht ist. Allerdings beträgt die Bandbreite hier nur noch 250 kHz. Dieses Signal wird nun vom PC weiter verarbeitet.



Bild3 zeigt das selbe Signal nach einer weiteren Dezimation. Hier beträgt die Bandbreite nur noch 25 kHz.
Das Rauschen ist fast nicht mehr sichtbar.



Bild4 zeigt das Audiosignal mit 2.4 kHz Bandbreite. Das Rauschen ist hier nicht mehr sichtbar.



Das Rauschen in Bild1 ist sicher um den Faktor 100 grösser im Vergleich zu Bild 4.
Dies entspricht 40 dB Gewinn.

Nebenwellen, Intermodulationsprodukte etc. werden jedoch dadurch nicht 40 dB verbessert.
Dies muss mit einem Presektor-Filter oder einem besseren ADC realisiert werden.

Die Praxis zeigt, dass ein Preselektor nicht unbedingt notwendig ist.

Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag etwas zum Verständnis dieser Technologie beigetragen habe.

73 de
Paul (HB9DFQ)


  

Sonntag, 17. April 2016

Ein Preselector für den IC-7300

Um das Problem mit dem Overflow des AD-Wandlers zu entschärfen, ohne den RF-Gain und damit die Empfindlichkeit des Empfänger zurückregeln zu müssen, könnte man zum Beispiel einen Preselector bauen.
Eine solche "Vorselektion" war früher in Röhrenempfängern üblich und ist später Bandpassfiltern zum Opfer gefallen, als die Großsignal-Festigkeit der Geräte besser wurde.

Eine Hardware-Lösung für einen Software-Empfänger. Irgendwie lustig, nicht wahr?
Doch Versuch macht klug. So habe ich mal einen Einfachst-Preselector mit einem Drehko und einer Spule aufgebaut.
Das Ziel war es, eine möglichst geringe Durchgangsdämpfung zu erreichen und nicht etwa eine hohe Selektion. Denn ein paar dB Dämpfung in den Rundfunk-Bändern genügen, um die OVL-Anzeige zum Erlöschen zu bringen.

Hier meine Versuchsanordnung:



Das Resultat lässt sich sehen. Mit dem 500pF Drehko kann man den Preselector von 10 bis 20 MHz abstimmen. Die Durchgangsdämpfung im 20m Band betrug maximal 1.5dB und die Dämpfung in den Rundfunkbändern war genügend groß, um die OVL-Anzeige zu besänftigen - sogar bei eingeschaltetem Vorverstärker.
Einzig mit dem 22m Rundfunkband könnten noch Probleme auftreten, da dieses sehr nahe am 20m Amateurfunkband liegt. Doch zurzeit habe ich dort keine sehr starken Signale.

Mit einem Relais, durch den IC-7300 gesteuert, könnte man den Preselector im Sendefall umgehen. Anstatt eines Drehkos liessen sich auch Kapazitätsdioden einsetzen. Doch der Einsatz eines nichtlinearen Elements schien mir keine gute Idee zu sein.

Hier die Selektionswirkung dieser einfachen Schaltung im Falle des 20m Bandes:





























PS: Seit kurzem habe ich die Kommentar-Funktion für dieses Blog eingeschaltet. 

Samstag, 16. April 2016

IC-7300 gegen Radio China

Der IC-7300 ist ein gefälliges Truckli mit guten Filtern, gutem NB und einer NR, die ohne Blubbern auskommt. Der Empfänger klingt klar und rund und die Modulation des Senders ist schon mit dem Handmikrofon und den Werkseinstellungen fast perfekt. Der Bildschirm mit dem Band- und Audioscope erschliesst eine neue Dimension - schließlich sind auch wir Funkamateure Augenmenschen.

Die Waschmaschine habe erst dann weite Verbreitung gefunden, als sie ein Fenster erhalten habe, hat mir kürzlich ein Funkamateur telegrafiert.

Sein Fenster und sein günstiger Preis dürften auch dem IC-7300 zu einem Markterfolg verhelfen. Dieses Gerät ist wohl mehr als bloß ein weiterer Transceiver. Vielleicht wird er gar zu einer Art Lifestyle Device für den heutigen Funkamateur. Das Teil hat einen vom Touch Smartphone ;-)

Der IC-7300 ist sexy - die SDR-Blackboxen sind nur teuer.

Ob da das Label "Direct Sampler" eine Rolle spielt, ist schwer zu sagen. Allerdings ermöglicht nur das Prinzip der direkten Digitalisierung die Herstellung eines "Fenstergeräts" zu einem günstigen Preis.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Und der grösste Schatten wirft beim IC-7300 sein AD-Wandler. Das schwächste Glied in der Kette seiner Innereien.

Wenn die Summe der Signale an seinem Eingang einen bestimmten Wert überschreitet, kann er die Signale nicht mehr alle schlucken. Das Resultat: die Overflow-Anzeige blinkt in seinem Fenster und aus seinem Empfänger dringt ein Tohuwabohu, das alle schwachen Signale platt macht.

Das geschieht etwa ab -10dBm, also etwa ab 70mV am Wandlereingang. Da hilft dann nur noch der Regler RF-Gain, der beim 7300er nichts anderes ist, als ein stufenloser Abschwächer zwischen Antenne und Wandler.
Bei mir war das bisher jeden Abend auf dem 20m Band der Fall :-(

Doch wer ist für diese 70mV verantwortlich?

Um das herauszufinden, habe ich kurzerhand meinen Spektrumanalyzer an die Antenne gehängt. Im folgenden Bild sieht man den Bereich zwischen 9 und 16 MHz - also etwa den Bereich, der auch der IC-7300 durch sein Bandfilter im Falle des 30m und 20m Bandes auf den AD-Wandler loslässt:


Wir sehen hier die starken Signale der Rundfunkbänder. Von links nach rechts: das 31m, 25m, 22m und 19m Band. Das stärkste Signal gestern Abend war Radio China International auf 9480 kHz, in Französisch aus Albanien. Mit -8.95 dBm Spitzenwet reichte es zeitweise alleine aus, um den AD-Wandler zu übersteuern. Doch Vorsicht vor falschen Schlüssen: Auch viele schwächere Signale können in ihrer Summe den kritischen Wert erreichen und überschreiten. Es braucht nicht immer einen einzelnen "Bösewicht".

Hätte ICOM nicht etwas zuviel gespart und zum Beispiel dem 20m Band ein separates Bandfilter spendiert, wäre gestern Abend bei mir das Band ruhig geblieben.

Ist das schlimm?
Für die meisten Funkamateure wohl kaum. Meine L-Antenne ist breitbandig und scheinbar besser, als ich gedacht hatte. An einem Beam oder einer GP für das 20m Band wäre das vermutlich nicht passiert, schon gar nicht an einer Magnetloop oder an einer "Wunderantenne". Die meisten Funkamateure kommen vermutlich gar nie in den "Genuss" einer flackernden Overflow-Anzeige auf dem 7300er. Und wer sich einen Tower mit einer Big Gun leisten kann, hat ohnehin das nötige Kleingeld, sich ein besseres und teureres Gerät zu leisten.

Denn obschon es die Fan-Gemeide der Digitalen Empfänger nicht wahrhaben will: Ein guter klassischer Empfänger ist zurzeit immer noch besser, als ein so genannter SDR. Übrigens ein irreführender Begriff. Auch die Superhets sind heute meist SDR. Bastarde halt, keine reinrassigen.

Einer der da etwas Licht ins Dunkel gebracht hat, ist Adam AB4OJ. Mit seiner Messmethode NPR (Noise Power Ratio) hat er einen Weg gefunden, die Qualitäten eines Empfängers besser zu beurteilen, als es mit den bisherigen Messmethoden der Fall war. Damit können auch klassische Empfänger einigermaßen fair mit Direct Samplern verglichen werden.

Das Übersteuern des AD-Wandlers ist ja kein ICOM-spezifisches Problem. Andere Direct Sampler kämpfen auch damit. Die meisten werden wohl bei Erreichen eines bestimmten Pegels automatisch und diskret einen Eingangsabschwächer aktivieren. Wieso das ICOM mit seinem stufenlosen PIN-Dioden-Abschwächer nicht tut, ist mir ein Rätsel. Beim Drücken des E+ Knopfes würde ich etwas Ähnliches erwarten. Doch es passiert nichts. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.





   


Donnerstag, 14. April 2016

IC-7300 Quo Vadis?

Gestern Abend hat sich auf meinem IC-7300 zum ersten Mal die Overflow-Anzeige bei ausgeschalteten Vorverstärkern gemeldet. Auf 10 und 14 MHz. Die Antenne ist eine Inverted L, 12m hoch, 43m lang, abgestimmt mit einem automatischen Tuner am Speisepunkt.

Natürlich benutze ich Vorverstärker in der Regel nicht. Die Empfindlichkeit der meisten KW-Transceiver ist in unserer, mit Elektronikschrott verseuchten, Gesellschaft ohne VV genügend hoch. Höchstens auf 50 MHz kommt man in Versuchung, den VV einzuschalten, wenn mal zwischen den starken Sporadic E Signalen eine schwache Station aus Übersee auftaucht.

Wären die Filter beim IC-7300 nicht so groß wie Scheunentore, wäre das Problem wohl halb so schlimm. 10 und 14 MHz mit einem einzigen Bandpass abzudecken, war wohl nicht gerade eine Glanzidee, zumal dieses Filter nur eine geringe Flankensteilheit aufweist.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Im Gegensatz zu den klassischen Empfängern wirkt der RF-Gain nicht auf die AGC, sondern steuert einen stufenlosen Abschwächer, vor dem AD-Wandler. Nämlich den da.
So dreht man beim Aufflackern der Overflow-Anzeige einfach den RF-Regler zurück, bis wieder Ruhe im Karton ist. Ob mit oder ohne Vorverstärker.

Während es in der IC-7300 Yahoo-Gruppe verdächtig ruhig ist, und die Koryphäen abgetaucht zu sein scheinen, erreichen mich viele interessante Zuschriften.

Hier die von Erich, DC8KO:

Lieber Anton,                                                                                         

besten Dank für den Schaltplan des IC-7300.

Darin ist merkwürdigerweise der Typ des A/D-Wandlers nicht angegeben. Auf diversen Webseiten wird behauptet, es wäre ein LTC 2208. Und der hat eine Auflösung von 16 bit (siehe beigefügtes Datenblatt). Vielleicht liest du einfach mal die Aufschrift des Wandlers in deinem Gerät.

Nichtsdestotrotz ist ein Dynamikbereich von deutlich über 80 dB meines Erachtens illusionär. Nach deinen neuesten Blogs scheint es so, daß du dich jetzt auch der Herde von Hoffnungsträgern angeschlossen hättest, die sich von einem Software-Update die Verbesserung der Welt erhoffen. Ich befürchte, diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen, denn das Problem ist von grundsätzlicher Natur.

Dies hattest du in deinem Blog vom 11.4.16 doch schon treffend beschrieben:

"Wie bei allen Direct Samplern - ist der A/D-Wandler das Problem. Er ist das schwächste Glied in der Kette. Dabei spielt es gar keine Rolle, wie viel Rechenpower man nach dem Wandler verwendet. Was der Wandler vermasselt, kann hinterher nicht repariert werden." 
Das Märchen vom "Prozeßgewinn" wird immer wieder herangezogen, um dennoch einen phantastischen Dynamikbereich zu begründen.

Das Quantisierungsrauschen von Flash-ähnlichen A/D-Wandlern wird als gleichverteilt über die gesamte 1. Nyquistzone angenommen (Schon diese Annahme hat ihre Tücken). Bei einer Abtastrate von, sagen wir, 150 MHz, erstreckt sich dieses Spektrum von 0 – 150 MHz.

Der Nutzkanal hat jedoch nur 3 kHz Bandbreite. Das heißt, nach Dezimierung und Kanalfilterung verringert sich das Quantisierungsrauschen um satte 47 dB. Und dies wird dann "Prozeßgewinn" genannt, obwohl dieser Begriff eigentlich anders verwendet wird. OM Leichtfuß "berechnet" dann einen angeblichen Dynamikbereich wie folgt:

 80 dB (die der A/D-Wandler "sowieso" schon hat)  +  47 dB = 127 dB

Dies ist eine äußerst zufriedenstellende Hausnummer. Sie hat aber leider nichts mit der Wirklichkeit zu tun, denn der Dynamikbereich wird von den Mischprodukten begrenzt und nicht vom Quantisierungsrauschen.

Ein ADC ist per Definition ein diskontinuierliches, nichtlineares Bauelement. Gerade beim breitbandigen Sampling ist das Auftreten von Mischprodukten daher praktisch unvermeidlich.  Z.B. können im von dir untersuchten Filterbereich 10 – 15 MHz des IC-7300mehrere Hundert Signale enthalten sein. Es dürfte doch sonnenklar sein, was passiert, wenn man Hunderte von Signalen über ein nichtlineares Bauelement leitet. Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß das Sampling-Theorem und die gesamte "einfache" Literatur zu ADCs sich auf ein einzigesbandbegrenztes Signal beziehen.

Wenn die mittlere Summenleistung aller Signale den ADC in die Nähe von Full Scale aussteuert, dann kann die Amplitude von vielen Kleinsignalen im Bereich der kleinsten Quantisierungsstufe (LSB = Least Significant Bit) des ADC liegen. Gerade diesekleinen Signale bilden daher vorzugsweise Intermodulationsprodukte. Dies ist ein vollkommen anderes Verhalten als in "konventionellen" Digitalempfängern, die ihren ADC in der Basisbandstufe (nach einer schmalbandigen Vorselektion) haben, und die folglich signifikante Intermodulationsprodukte erst bei extrem starken Eingangssignalen zeigen.

Bei breitbandigen Direkt-Samplern ergeben die üblichen 2 Ton-Intermodulationsmessungen grundsätzlich irreführende Resultate. Die Sherwood-Liste ist daher mit Vorsicht zu genießen.

Wie bereits in meinem Bericht vom 20.2. (Seite 4/5) vorgeschlagen, kann man die Dynamikgrenze eines Breitband-Sampling-RX durch Beobachtung der Kleinsignale feststellen, während man gleichzeitig die Leistung eines starken Meßsendersignals (dessen Frequenz irgendwo im Durchlaßbereich des Vorfilters gewählt ist) langsam erhöht. Die Differenz zwischen dem Meßsenderpegel und den erzeugten Intermodulationsprodukten ist dann ungefähr der Dynamikbereich.

Dieser Dynamikbereich dürfte bei allen Herstellern, die den LTC 2208 als ADC verwenden, im Wesentlichen gleich sein. Und nach meiner Kenntnis ist dieses IC wesentlicher Bestandteil aller Produkte von FLEX, Annan, etc.

Es macht daher wenig Sinn, auf ICOM einzuprügeln. Im Gegenteil, ICOM kommt der Verdienst zu, der sogenannten SDR-Branche ihr Hochpreis-Image unter dem Hintern wegzuziehen. Im Gegensatz zu Veröffentlichungen diverser SDR-Hersteller habe ich bei ICOM bisher noch keine falschen oder irreführenden Aussagen zum Dynamikbereich finden können. Sie schweigen sich einfach aus. Und damit verfolgen sie die gleiche Politik wie Rohde & Schwarz. Es ist doch schon bezeichnend, daß sich der seriöse Hersteller Rohde & Schwarz zu keinerlei Spezifikation des Dynamikbereichs seiner Breitband-Direktabtastungsempfänger bereitfindet.

Auch im Datenblatt des LTC 2208 findet man weder Spezifikationen noch Meßergebnisse für eine solche Anwendung.

Interessant ist auch der Kommentar von Henning DF9IC:

Mangels IC7300 kann ich nicht mit praktischen Erfahrungen helfen. Einen PERSEUS habe ich, als "early adopter" mit Seriennummer <50, benutze ihn aber auch nur zum Messen und nicht zum Empfangen. KW gibt es bei mir eh nicht.
Übersteuerung mit VV kann es beim PERSEUS schon deshalb nicht geben, weil er keinen hat. Der Overload passiert da bei etwa -4...-5 dBm (mit Preselector noch mal 1-2 dB höher wegen dessen Einfügungsdämpfung). Dafür liegt der MDS auch etwa um den gleichen Betrag höher. Die Einton-Dynamik zwischen Rauschen und Übersteuerung dürfte der des IC7300 sehr ähnlich sein. Da die Rauschleistung proportional zur Bandbreite wächst, hängt die Differenz eben davon ab. Die SNR-Werte im Datenblatt des ADC (z. B. 76 dB) beziehen sich auf die volle Nyquist-Bandbreite (halbe Abtastrate, bei PERSEUS 40 MHz). Messen wir mitweniger Bandbreite, wird der Zahlenwert größer. Das ist der "Prozessgewinn".Dafür braucht es keinen SW-Update, den gibt es gratis....
Der größte Teil der PERSEUS-Kunden sind SWLs, die entweder mit kleinen Behelfsantennen (Loops mit 1 m Durchmesser) auf KW hören, oder allenfallls mit Beverages im Mittelwellen- und Langwellenbereich, NDBs und Co. Die haben selten Übersteuerungsprobleme.
Ich nehme an, dass die IC7300-Jünger viel zu oft den VV statt des Abschwächers benutzen. Vielleicht sind die Vorfilter auch etwas breit geraten. Ob ICOM im RX sonst noch etwas falsch macht, weiss ich nicht.IP-Messungen und Angaben von intermodulationsfreien Dynamikbereichen sind zur Charakterisierung eines ADC weitgehend sinnfrei, da Intermodulationendort anders entstehen und ihre Pegel andersartig verändern. Unterschiedliche ADCs können sich in dieser Hinsicht trotz gleicher SNR-Angabe(Eintondynamik) ganz unterschiedlich verhalten. Die von Linear Technology wie im PERSEUS und QS1R sind dabei ziemlich gut, manche älteren von Analog Devices eher nicht.www.sm5bsz.com/dynrange/qex/digital-imd.pdf
 (vor 10 Jahren geschrieben! -aber ARRL und Sherwood haben das wohl nicht kapiert)
Ich weiß auch nicht (ebensowenig wie alle anderen, die etwas dazuschreiben), was die obskure "IP+"-Funktion wirklich macht. Im wesentlichen wohl dithern. Kann man beim PERSEUS auch einschalten, dort heißt es dann auch so. Das braucht man bei einem Signalgemisch von einer KW-Antenne aber eher nicht, da dithern schon diese Signale selbst genug, sondern eher für Zweitonmessungen am Messplatz oder vegleichbarer Empfangssistuation mit nur 2 oder 3 starken Signalen.
Wo ICOM definitiv murkst: beim DAC-Takt. Ich hatte am Mo Abend Gelegenheit,das Sendesignal eines IC-7300 auf 14 MHz anzuschauen (übrigens mit PERSEUS),und das war ziemlich rauschig, etwa auf IC-706-Niveau. Obwohl der DAC, mit einem sauberen Quarztakt betrieben, das mit Sicherheit um 20-30 dB besser könnte. Der Takt für den DAC kommt aus dem FPGA, das aber selbst nur eine Taktfrequenz bei 1/3 des DAC-Takts aus dem Quarzoszillator erhält. Und das wird wahrscheinlich im FPGA mit einer rauschenden PLL die Frequenz verdreifacht. Das ist eine ziemliche Macke im Design.
Am RX habe ich nichts gemessen, der hat mich danach nicht mehr interessiert.
Auch Mathias DK4BM, der eine ganze Reihe Direct Sampler und durchzogene Erfahrungen hinter sich hat, schickte mir einen interessanten Kommentar. Dazu gehörten auch die Screenshots seines ELAD. Dem hier:

Mit einem -10dBm Signal sah der noch recht friedlich aus. Nämlich so:


Doch ein dB mehr und der Teufel war los. Hier mit -9dBm:


Mathias meint dazu enttäuscht: "Vielleicht messen wir alle einfach falsch."


So, das wär's für heute. Fortsetzung folgt....

Mittwoch, 13. April 2016

IC-7300 - ein AD-Wandler unter Stress

Endlich einer, der meine Seele versteht! Stefan DJ1SH schreibt im DB3OM Forum:

Nun geht Anton der FT-991 kaputt und er hört in diesem Forum, dass der Empfänger des IC7300 in zwei Punkten gegen den Empfänger seines TS590 gewaltig abstinkt. Das prüft er in seiner Wut sofort unter Laborbedingungen und möchte den IC7300 nun gerne mit Schwarzpulver füllen und mit einem Panzer drüberfahren. Absolut menschlich. 

Danke lieber Stefan, du triffst den Punkt. Du hast mich durchschaut - ich bin ein impulsiver Mensch. Vermutlich bist du ein Psychikater.

Inzwischen bin ich wieder versöhnlicher gestimmt. Die Altersmilde hat mich wieder übermannt. Damit ist jedoch das Problem nicht verschwunden. Und um es auch den Jubelpriestern näher zu bringen, habe ich gestern diese beiden Videos gemacht. Im ersten sehen wir, was beim Ein- und Ausschalten des Vorverstärkers beim IC-7300 im 14 MHz Band passiert, im zweiten dasselbe, aber im 10 MHz Band. 14 und 10 MHz teilen sich ja ein gemeinsames Bandpassfilter (10-15 MHz).


Am Anfang ist der Vorverstärker eingeschaltet und ich versuche dem Tohuwabohu mit dem IP+ Herr zu werden. Doch das hilft nichts. Dann schalte ich den Vorverstärker aus und das Band wird sauber.


Und so ist es auch auf 10 MHz. Der AD-Wandler ist überlastet, die Overflow-Anzeigte flackert. Intermodulation dudelt auf dem ganzen Band.

Wie und ob Icom dieses Problem entschärfen kann/wird, weiß ich nicht. Ich verstehe nichts von Direct Sample Receivern. 
Ein guter Freund hat mich gestern jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass andere Direct Sampler, die auch einen 14 Bit Wandler benutzen, diese Probleme nicht haben. Zum Beispiel der Perseus. 
Wie kann das sein?

14 Bit erlauben einen theoretisch maximalen Dynamikumfang von ca. 84 dB. Dieser wird in der Praxis u.a. durch das Quantisierungsrauschen weiter geschmälert und schließlich kommt man etwa bei 76dB Dynamikumfang an.
Doch Perseues und Co erreichen Werte von 100dB und mehr!

Der Schlüssel dazu, meinte mein Freund, liege im so genannten Prozessgewinn. 
Dieser entsteht aus dem Verhältnis der Samplingfrequenz zur tatsächlich verarbeiteten Bandbreite. Und die tatsächlich verarbeitete Bandbreite ist nicht etwa das hübsche Wasserfall-Bildchen, das wir sehen, sondern das Signal, das wir hören. 

Anlässlich der Vorstellung des Perseus wurden diese Zusammenhänge im Funkamateur 12/07 dargelegt. Sie Kasten links unten im Artikel. 

Es hat also noch Luft nach oben. Hoffen wir, dass ICOM noch einige dB finden und uns mit einem update beglücken wird.

Dienstag, 12. April 2016

Mit dem Strom schwimmen nur tote Fische

Offensichtlich schwimme ich wieder einmal gegen den Strom. Guckt man auf Eham, sieht man bereits 30 Bewertungen für den IC-7300, alle mit der Note von 5 von 5. Das ist ein Top-Resultat und meines Wissens noch nie vorgekommen. Die OM sind begeistert - Friede, Freude, Eierkuchen. Wahrlich ein Coup für Icom und Pain in the Butt für die Konkurrenz.
Dass sich viele am ungenügenden Dynamikbereich stoßen werden, ist nicht zu erwarten. Nur an guten und breitbandigen Antennen wird ab und zu die Overflow Anzeige aufflackern und die meisten OM werden die Intermodulationsprodukte für natürliche Signale halten oder geflissentlich darüber hinweg sehen. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. So wie beim KX3 mit dem AM-Durchschlag.

Abgesehen vom ungenügenden Dynamikbereich glänzt die Kiste ja. Die Modulation ist bereits mit den Werkseinstellungen und dem mitgelieferten Handmikrofon ausgezeichnet, NR, NB und Filterfunktionen sind gut und die Wasserfallanzeige ist eine Spielwiese, die das Herz jedes OM höher schlagen lässt.

Ich erwarte deshalb auch nicht, dass viele vor lauter Enttäuschung den Transceiver wieder verkaufen werden, wie in einigen Foren vermutet wird.
Apropos Foren: Ich bin ja kein Fachmann und verstehe als Generalist von allem ziemlich nichts. Aber da behaupten Experten zum Teil seltsame Dinge und es werden komische Vergleiche angestellt. Ein Youtube-Video zeigt zum Beispiel den Vergleich zwischen dem K3S und dem IC-7300 beim Empfang eines schwachen Signals:



Doch das ist leider nicht das Problem und zeigt nur, dass viele die Problematik eines Direct Samplers und den grundlegenden Unterschied zum Superhet (mit oder ohne DSP) nicht verstanden haben.
Wie dem auch sei: Es lohnt sich, die Erscheinung des IC-7300 zum Anlass zu nehmen, um in die Literatur der A/D-Wandler und Direct Sampling Receiver einzutauchen.

Gestern habe ich den IC-7300 mit dem IC-7200 verglichen. Natürlich macht der IC-7200 wegen einem weit entfernten starken Signal keine Fisimatenten, während beim IC-7300 die Overflow-Anzeige flackert, wenn ich über eine Hilfsantenne ein solches Signal "einspeise".

Andererseits ist es aber auch interessant zu sehen, wie inzwischen die digitale Signalverarbeitung Fortschritte gemacht hat. Der IC-7300 klingt in meinen Ohren wesentlich besser als der "nervöse" IC-7200.

Ich habe übrigens auch mit dem IC-7300 im 630m und im 2200m Band gelauscht. Schaltet man die MW/LW-Dämpfung im Menü aus, ist die Empfindlichkeit mehr als ausreichend. Probleme mit dem A/D-Wandler sind an abgestimmten Antennen auf diesen Bändern nicht zu befürchten. Diese Antennen sind extrem schmalbandig, außerdem sind die MW-Sender in Europa weg.
Dank der guten Filter und der ausgezeichneten NR/NB hört der IC-7300 auf diesen Bändern sehr gut.
Natürlich vermisse ich den Drive-Ausgang des TS-590, der es einfach machte, auf Lang- und Mittelwelle QRV zu werden. Aber der IC-7300 wurde ja als Low Cost und Einsteigergerät konzipiert. Darum muss man auch auf eine zweite Antennenbuchse verzichten.

Gehen wir also mit dem neuen Icom nicht zu hart ins Gericht.

Was mir übrigens positiv aufgefallen ist, ist das moderate Lüftergeräusch, das nur beim Senden wahrzunehmen ist und die ausgezeichnete Autotune-Funktion per separaten Knopf, mit der sich der Transceiver blitzschnell und zuverlässig auf eine CW-Station abstimmen lässt. Einpfeifen adé.

Trotz des ungenügenden Dynamikbereichs werde ich das Gerät nicht verkaufen. Ich hoffe vielmehr auf ein (Update-) Wunder. Vielleicht findet man irgendwo noch ein paar dB. Andere Direct Sampler (auch mit 14Bit-Wandlern) scheinen ja noch einige dB besser zu sein, wie man auch in Rob Sherwoods Liste nachlesen kann.

Hier noch das berühmt- berüchtigte Unboxing:



Und hier die Fortsetzung. Ekki von Wimo macht das ganz toll:








Montag, 11. April 2016

IC-7300 vs FT-991 - ein Ende mit Schrecken



Gestern ist der Yaesu FT-991 ausgestiegen: Plötzlich blieb das Display dunkel, die Sendeanzeige blinkte und ein Reset half auch nicht mehr. Exitus. Das kann passieren. Das Gerät geht zurück an WIMO und ich werde über die weitere Entwicklung hier im Blog berichten.

Der ICOM IC-7300 lebt zwar noch. Doch die Wirklichkeit hat mich eingeholt: 
Ich habe mich durch die hübsche Frontplatte und die Wasserfallanzeige blenden lassen. Der Empfänger ist miserabel. 

Einer der wenigen, die das vorausgesehen haben, ist DJ2AT. Hier ein Zitat von ihm aus einem Forum:

Tut mir leid, das so sagen zu müssen: Der IC-7300 ist toll aufgemacht, die Trennschärfe der in Software implementierten Filter sicherlich sehr gut, wie auch die restlichen Komfortfunktionen und auch das Spektrum-Scope, was wirklich diesen Namen verdient! ABER: So ist das Gerät nur eine Mogelpackung: Es verspricht mehr, als es dann wirklich halten kann.

Ich denke die ersten Geräte werden bald auf dem Gebrauchtmarkt auftauchen, weil sich einige OMs, und das schließt mich auch ein, mehr erhofft haben. Ich habe nur nicht den Fehler gemacht das Gerät ungesehen zu bestellen.

Die technischen Daten lesen sich jedenfalls so, dass das Gerät an wenig selektiven Antennen und ohne entsprechende Vorfiltermaßnahmen zumindest nicht zu gebrauchen sei...

Das trifft leider voll ins Schwarze. Der IC-7300 ist ein Low Cost Gerät mit einem miserablen mediokren Empfänger. Jeder halbwegs vernünftige Superhet stellt diesen Direct Sampler in den Schatten. Schon vor 30 Jahren hat ICOM bessere Geräte gebaut.

Doch bevor ich erkläre, wieso das so ist, machen wir mal einen kleinen Test. Wer einen sauberen Messender besitzt, kann das ganz einfach tun. Man braucht nicht einmal einen Combiner zu bauen. Eine Hilfsantenne in Form von ein paar Metern Draht tut's auch. 
Wenn die Hauptantenne nicht zu weit weg ist, kann man damit ein genügend starkes Signal hinstellen.

Bei mir reichte ein Signal von S9+ 60dB um bereits auf dem ganzen 20m Band Intermodulation zu erzeugen. Dabei spielt es keine Rolle, wo man das Signal aussendet. Es muss sich lediglich innerhalb des jeweiligen Bandfilters befinden. Im Fall des 20m Bandes ist das der Bereich von 10 bis 15 MHz. Ich hab es auf 12 und 15 MHz probiert. Das Resultat war immer das gleiche. 
Das S-Meter des IC-7300 stimmt übrigens ziemlich gut. S9 plus 60dB entsprechen ca. 50mV.

Überall im Band waren Intermodulationsprodukte festzustellen, auch bei eingeschaltetem IP+. Und zwar noch bevor die Overflow-Anzeige des A/D-Wandlers aufleuchtete.

Wie bei allen Direct Samplern - ist der A/D-Wandler das Problem. Er ist das schwächste Glied in der Kette. Dabei spielt es gar keine Rolle, wie viel Rechenpower man nach dem Wandler verwendet. Was der Wandler vermasselt, kann hinterher nicht repariert werden. 

A/D-Wandler erzeugen Quantisierungsrauschens innerhalb des Nutzbereichs. Das begrenzt den möglichen Dynamikbereich. Hinzu kommen weitere unerwünschte Effekte, so dass der praktisch nutzbare Dynamik-Bereich eines 16 Bit Wandlers nicht viel höher liegt als 80dB. 

Das ist wenig. Es ist der Unterschied zwischen einem 5uV und einem 50mV Signal.
Und es bedeutet, dass der SDR nicht in der Lage ist, schwache und starke Signale gleichzeitig aufzunehmen.

Im 80 und 160m Band ist das weniger gravierend. Schwache Signale verschwinden im atmosphärischen Rauschen und sehr starke Signale sind rar, zumal in Europa die Rundfunksender auf Mittelwelle und Kurzwelle abgeschaltet wurden. 80dB Dynamikbereich reichen hier meistens aus.
Zumal die Bandfilter im IC-7300 für diese Bänder eng sind.

Doch bei den höheren Bändern ist Schluss mit lustig. 80dB reichen nicht. Schwache Signale werden durch starke Signale irgendwo innerhalb des Bandfilterbereichs kaschiert. Um den Overflow des A/D-Wandlers zu vermeiden, muss das Antennensignal abgeschwächt werden.

Zurzeit werden allerlei lustige Messungen und Vergleiche angestellt. Doch Direct Sampler unterscheiden sich in ihrem Verhalten grundsätzlich von klassischen Superhet-Empfänger - auch solchen mit Digitaler Signalverarbeitung in der ZF. Andere Messmethoden müssen verwendet werden um aussagekräftige Resultate zu erzielen.

Fazit: Der IC-7300 ist nichts anderes als ein Low Cost Gerät mit einem miserablen mediokren Empfänger, der durch ein hübsches Gesicht seinen wahren Charakter verbirgt. Wer gar glaubt, dass er Geräten wie dem Elecraft K3, KX3 oder FTDX-3000/5000 oder den bisherigen Icom-Geräten das Wasser reichen könnte, ist auf dem Holzweg.

Mein persönliches Fazit: Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ich meine TS-590 behalten und stattdessen etwas Geld im Casino verspielt hätte.    

  








Sonntag, 10. April 2016

Up in smoke



Gestern hat es wieder einmal so richtig geraucht.
Dabei wollte ich nur den IC-7300 an meine PA anschließen.

Dazu habe ich mir ein kleines Zwischenstück gebaut, bestehend aus einem Subminiatur-Relais und einer Diode, wie es im Handbuch des ICOM unter 18-2 (Seite 149) beschrieben ist. Denn in meiner Selbstbau-PA sitzt ein 48V Relais, das auf ein Masse-Signal wartet. Das wäre dem ICOM u.U. nicht bekömmlich, denn der hat am Sendeausgang (3) des ACC-Steckers kein Relais. Diesmal also: Fun but no risk.

Vergossen in Kunstharz und eingepackt in Schrumpfschlauch, funzte das Teil perfekt. Der IC-7300 war zufrieden und die PA sprang an.

Leider nur kurz, denn in der Hitze des Gefechts hatte ich vergessen, den Antennentuner abzustimmen. Ein Kilowatt als Abstimmsignal verträgt auch der Stockcorner nicht. Er war sofort tot.

Natürlich ist weder dem IC-7300 noch der PA was passiert. Aber ich musste den Tuner auswechseln (gut dass ich den doppelt habe!) und da ich auf Missgeschicke dieser Art abonniert bin, habe ich ihn gleich mal unter die Lupe genommen. Diesmal war es der JC-4s, also die neuere Variante. Vor dem Sensorpfad liegen dort zwei 220 Ohm Widerstände parallel, gefolgt von einem 27 Ohm in Serie. Die 220er gaukeln dem Transceiver während des Abstimmvorgangs ein akzeptables SWR vor und die 27 Ohm dienen gewissermaßen als Sicherung. Ist der Abstimmvorgang erfolgreich beendet, wird der Sensorpfad samt Widerständen umgangen. Ebenfalls, wenn die Abstimmleistung zu hoch ist. Dann nehmen zwei Relais die Sensorkette ebenfalls aus dem Spiel. In meinem Fall aber nicht rasch genug. Das Kilowatt war schneller, das Resultat ist oben im Bild zu sehen.

Natürlich ist auch dieses Schaltungsdetail nicht in den Unterlagen von Stockcorner dokumentiert und der geschockte OM kommt um ein wenig Reverse Engineering nicht herum. Ich hasse Schaltpläne die nicht à jour sind.

Nach diesem Intermezzo hoffe ich, mich nun wieder den beiden neuen Geräten zuwenden zu können.

Samstag, 9. April 2016

IC-7300 - die ersten Enttäuschungen

Es ist nicht alles Gold was glänzt. Auch beim ersten Direct-Sampler von ICOM nicht.
Es betrifft zwar nur eine kleine Gruppe OM, doch für diese ist es vermutlich ein Grund, den IC-7300 nicht zu kaufen: Die angefressenen High Speed Telegrafisten.
QSK bedeutet: Ich kann zwischen den Zeichen hören. Damit das möglich ist, muss der Transceiver ein schnelles Antennenrelais haben, oder besser noch, eine lautlose Diodenumschaltung.
Der IC-7300 hat ein Antennenrelais und das klappert wie ein ganzes Schlangennest. Im folgenden Film, sende ich zuerst mit 30WpM in Semi-BK, dann in Full-BK.


Der Film sagt alles - ein weiterer Kommentar ist überflüssig.

Nun, damit kann ich leben, ich mache kein QSK. Es reicht mir, wenn ich zwischen den Sätzen hören kann. Wer mag schon, wenn ihm dauernd jemand drein redet :-)

Schlimmer war die Messung von Rob Sherwood NC0B - ihr wisst schon: der mit der berüchtigten Liste. Er hat den IC-7300 gemessen und festgestellt, dass bereits bei einem einzelnen Signal von -10dBm im Durchlassbereich des jeweiligen Bandfilters, die Overflow-Anzeige des A/D-Wandlers kommt. Stimmt die Overflow-Anzeige, dann bedeutet dies, dass ab ca. 70mV (Summenspannung!) am Eingang der A/D-Wandler nicht mehr richtig arbeitet und Intermodulation produziert.
Auch beim Einschalten von IP+ bleibt es dabei - Abhilfe bringt dann nur noch der Attenuator.

Ich habe das nachgemessen: bei -10dBm passiert bei mir noch nichts, bei -9dBm fängt die Anzeige zu blinken an und bei -8dBm brennt sie dauernd. Das sieht dann so aus:


In der Praxis, das heißt z.B. im abendlichen 40m Band, habe ich bisher keine Intermodulation feststellen können. Aber an sehr guten breitbandigen Antennen könnte das anders aussehen.
Was bleibt, ist die Hoffnung: Die Experten in den Foren meinen, dass dies ein Softwareproblem sei. Wenn dem so ist, so können wir Early Birds auf einen Update hoffen.
Doch das Antennenrelais ist Hardware - da wird nur Basteln helfen.

Trotz dieser Schattenseiten stimmt für mich der ICOM (immer noch): Für meine Antennen und Aktivitäten und für mein Portemonnaie.

Fortsetzung folgt...

Nachtrag: Auch Mathias DK4BM hat nachgemessen. Hier sein Bericht:

Bei einem Messignal auf 7100kHz bei -9,7dBm fängt meine Anzeige das erste
Mal an zu flackern.
Bei -8,4dBm geht sie nicht mehr aus und leuchtet konstant.
An meiner Antenne einer 2x 27m Doppelzepp in 20m Höhe, sym. eingespeist mit
Christian-Koppler, treten abends und nachts
auf 40m nur vereinzelt kurze "OVF-Flackerer" auf. Diese haben aber noch
keine akustischen Auswirkungen.
Auch im Wasserfall entsteht kein Rauschteppich.

Anders auf 20m: Hier konnte ich gestern am späten Abend die ersten
Lattenzäune sehen und auch hören.
Nur der ATT konnte bedingt Abhilfe schaffen.

Darum habe ich auch hier nachgemessen.
Die Werte liegen in etwa gleich wie auf 40m, jedoch treten auch hier
Lattenzäune auf.

Freitag, 8. April 2016

IC-7300 vs FT-991 - Ein Blick ins Innere des ICOM

Gestern habe ich einen Blick ins Innere des ICOM IC-7300 geworfen. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch gleich das 60m Band freigeschaltet. Hoffe ich doch, dass wir diesen interessanten Bereich bald einmal benutzen dürfen.
Jetzt, nachdem ich mit dem Lötkolben in dem Gerät herumgestochert habe, gehört er wirklich mir. Das ist so eine Art Ritual ;-)

Der IC-7300 wirkt aufgeräumt und gut durchdacht. Im Vergleich zu klassischen Geräten beinhaltet er wenig Material. Ein Großteil der Schaltung steckt in zwei Tausendfüsslern, einem Prozessor und einem FPGA.
Das erklärt auch den günstigen Preis des Geräts. Die Herstellungskosten sind niedrig.

Bei dieser Gelegenheit bin ich etwas ins Grübeln gekommen. Die SDR Blackbox-Transceiver auf dem Markt wie Flex etc. kosten ja ein Mehrfaches des IC-7300. Aber so viel mehr und teureres Material steckt dort nicht drin. Im Gegenteil: Die Blackbox-Hersteller verlagern einen Teil der Arbeit in den PC, ohne den man diese Geräte nicht betreiben kann. Zudem können sie ein einfaches Gehäuse verwenden - mehr oder weniger ab Stange. Sie brauchen keine Werkzeuge für Alu- und Kunststoff-Spritzguss zu designen und herstellen lassen. Das ist ein Kostenpunkt, der nicht zu unterschätzen ist, wie ich aus Erfahrung weiß. Das ist zum Beispiel auch ein Grund, wieso amerikanische Hersteller oft auf ein einfaches Blech-Chassis zurückgreifen. Gute Werkzeugmacher sind dort rar. Bleche biegen kann jeder.
Natürlich steckt viel Geld in den Entwicklungskosten für die Software. Trotzdem glaube ich, dass all die SDR-Blackboxen auf dem Markt viel zu teuer sind.

Je besser ich den IC-7300 kennen lerne, desto mehr gefällt mir die Kiste. Icom hat meines Erachtens einen großen Wurf gelandet.

Doch werfen wir zuerst einmal einen Blick auf die Oberseite der Elektronik. Dieser Anblick bietet sich dem mutigen OM, der den oberen Deckel abschraubt:


Links oben das RF-Board, rechts davon die Endstufe und davor das Tiefpassfilter für den Sender. Der Lautsprecher ist hochwertiger als üblich und aufwendig gekapselt. Deshalb bin ich etwas enttäuscht von seinem Klang. Er müsste eigentlich besser klingen. Ich habe deshalb einen externen Eigenbau-Lautsprecher in Betrieb.

Im nächsten Bild ist die Endstufe in Nahaufnahme zu sehen. Unter den Abdeckungen für die Transistoren befinden sich  RD70HVF1C von Mitsubishi. Ein 70W Typ der speziell für VHF/UHF-Anwendungen entwickelt wurde. Interessant, dass ICOM hier nicht die gängigen RD100HHF1 eingesetzt hat. Den Grund werden wir vielleicht noch herausfinden.


 Vor der Endstufe, aber in der Schaltung natürlich danach, sitzt das Tiefpassfilter. Es ist hier zu sehen und macht einen soliden Eindruck:



Weniger solide sieht dagegen der Antennentuner aus. Auf den ersten Blick ein Besser-als-nichts-Tuner, wie man ihn in vielen neuen Transceivern findet und wohl lange nicht das, was zum Beispiel Elecraft in dieser Domäne zu bieten hat. Aber diese Behauptung muss noch bewiesen werden.


Im nächsten Bild sehen wir das RF-Board. Dort sitzen die Filter für die Vorselektion des Empfängers. Links oben ist das Antennenrelais (mit grünem Filzstift markiert). Bei QSK-Betrieb klappert es wie in einem Schlangennest. QSK ist mit dem IC-7300 eine Qual. Doch dazu mehr in einem späteren Beitrag.


Da wir uns schon auf der Unterseite des Geräts befinden, kommen wir zum Pièce de Résistance: dem Mainboard.
Dort sitzt auch die Diodenmatrix, die wir gleich modifizieren werden. Ich habe sie mit einem weißen Pfeil markiert:

 Zur Freischaltung des 60m Bandes entfernen wir die Diode, die ich mit einem Pfeil markiert habe (mittlere Reihe, zweite von rechts). Ich habe sie nur einseitig ausgelötet und etwas angehoben. So lässt sich die Änderung jederzeit rückgängig machen. Natürlich könnte man den Transceiver ganz öffnen, inklusive 70 MHz Band. Doch das ist in der Schweiz nicht freigegeben und so habe ich darauf verzichtet. Für 11m ist das Gerät eh zu schade :-)
Mit dieser kleinen Modifikationen kann das Gerät zusätzlich von 5255 bis 5405 kHz senden. Mehr als uns an der letzten Radiokonferenz zugestanden wurde.



So, das wär's für heute. Fortsetzung folgt.