Die USKA (Union Schweizer Kurzwellenamateure) sucht
einen neuen Präsidenten, nachdem Daniel Kägi, HB9IQY, wegen der in den Statuten
festgeschriebenen Amtszeitbeschränkung 2016 zurücktreten muss.
Keine leichte Aufgabe, wie Markus, HB9AZT, im
Funkamateur feststellt: Schwindende Mitgliederzahlen, viele unterschiedliche
Interessen und die zunehmende Schwierigkeit, qualifizierte OM zu finden, die
bereit sind, ihre Freizeit für eine symbolisch Entschädigung zu
opfern. Na ja, Markus hat ja immer einen leicht trübsinnigen Bias in seinen
Berichten. Ist es wirklich so schlimm?
Als ich die Meldung zum ersten Mal gelesen habe, kam
mir das Chanson von Gérard Lenorman wieder in den Sinn: Si j’était président.
Und ich habe tatsächlich einen Augenblick mit dem Gedanken gespielt, mich für
dieses Amt zu melden. Sicher bekäme ich einigen Zuspruch von meinen Lesern, da
inzwischen viele OM in der Schweiz die Funkperlen kennen.
Und so habe ich mir überlegt, was ich dann tun würde,
si j’était président. Doch bevor man Pläne schmiedet, sollte man wissen, mit was man es zu tun hat. Kurz: was ist die USKA und wo steht sie heute? Hier
meine Kurzanalyse:
Nun, die USKA von heute ist ein von kognitiver
Dissonanz geplagter Verein von teilweise autistischen Individualisten, die
jeweils ihre Spielart eines aussterbenden Hobbys als die wichtigste ansehen.
Ups. Da habe ich mich wohl gerade als Bewerber für
dieses Amt disqualifiziert. Macht nichts. Ist der Ruf erst ruiniert, dannlebt sich’s ganz ungeniert. Also weiter mit der Analyse:
Grundsätzlich ist die USKA also nicht mehr und nicht
weniger als jeder andere Schweizer Verein von ähnlicher Grösse. Nur mit dem
Unterschied, dass wir funken und nicht Kaninchen züchten. Allerdings haben wir
gegenüber den Kaninchenzüchtern ein Handikap: unsere Tätigkeit ist für
Aussenstehende im besten Fall ein Unikum und schwer fassbar, im schlimmsten
Fall störend und schädlich. Außerdem verlangen wir Privilegien, die kein
Kaninchenzüchter in Anspruch nehmen würde: die Nutzung wertvoller
Frequenzressourcen und das Recht, große, weitherum sichtbare Aluminiumbäume zu
errichten. Notabene ohne irgendeinen greifbaren Gegenwert für die Gesellschaft.
Nicht einmal Kaninchen.
Allerdings haben wir auch eine Gemeinsamkeit mit den
Kaninchenzüchtern: kaum ein Mensch interessiert sich mehr für unser spezielles
Hobby. Wir sterben aus – nur die Kaninchen werden überleben.
Oh, hat mich jetzt Markus angesteckt?
Soweit die Außenansicht unseres Vereins. Doch wie
sieht er denn heutzutage von innen aus?
Kein anderer Verein dürfte dermaßen fragmentiert sein
wie unserer. Das spiegelt natürlich das enorm breite Gebiet unseres Hobbys
wider. Hinzu kommt der Röstigraben, der nicht nur quer durch die Schweiz,
sondern auch durch unseren Verein läuft. Wobei wir die Tendenz haben, das
Tessin vollständig zu vergessen. Die USKA wird von Deutschschweizern dominiert.
Das ist schade, denn gerade in der Westschweiz gibt es viele, sehr engagierte
und hoch qualifizierte OM.
Die USKA ist, wie könnte es hierzulande anders sein,
demokratisch organisiert. Das ist gut so. Doch die gegenwärtige Struktur ist
schwerfällig und verkrustet. Der Ballast ist entsprechend gross. Ein Beispiel
ist der Webauftritt. Er will es jedem Recht machen und verliert sich so in der
Unendlichkeit. Im Gegensatz zu meinem Blog hat er zum Beispiel immer noch
keinen Smartphone-Auftritt. Ein untrügliches Zeichen der Rückständigkeit.
Dabei sucht man verzweifelt nach Nachwuchs, gerade bei
der Smartphone-Generation.
Kurz: Die USKA ist nicht mehr zeitgemäss organisiert,
zersplittert und rückwärtsgewandt und verliert sich in unzähligen Aktivitäten,
obschon die Human- und Finanzressourcen fehlen, diese wirklich wahrnehmen zu
können. Der politische Aktivismus zur Rettung eines angeblichen Rechts auf eine
Antenne ist m.E. nicht mehr als ein Furz in der Laterne und die Resultate der
Nachwuchswerbung geht kaum über Eintagesfliegen hinaus. Natürlich hat der
Amateurfunk nicht nur hierzulande ein Nachwuchsproblem.
Nur im Geburtsland des
Amateurfunks geht der Trend zurzeit in eine andere Richtung. Allerdings zuLasten des Niveaus, wie ein Blick in die QST und ein Vergleich zu früher zeigt.
Doch zurück zum Thema: Si j’etait President, qu'est-ce que je ferais?
Was würde ich als Präsident der USKA tun?
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Erstens und das ist das Wichtigste: Die Illusionen verscheuchen und den
Tatsachen ins Auge schauen. Wir sind eine aussterbende Spezies. Der
Amateurfunk, wie wir ihn kennen und lieben, wird vielleicht nicht ganz
aussterben, aber in einer bedeutungslosen Nische versinken. Doch was soll’s? Lieber
klein aber fein, anstatt zu einem sinnlosen Jedermannfunk zu verkommen. Hören
wir auf zu jammern und geniessen wir unser fantastisches Hobby. Qualität geht vor Quantität. Trotzdem
darf die Nachwuchsförderung nicht vernachlässigt werden. Aber das machen die
Sektionen und einzelnen Amateure ganz gut, siehe HB-Radio 3-2105. Dazu braucht’s
keinen Oberheini im Zentralkomitee.
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Zweitens sollte eine „Brücke über den
Röstigraben“ gebaut werden und auch unsere Freunde aus dem Tessin sollten
besser integriert werden. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass wir
auseinanderdriften. Als Präsident würde ich die Westschweizer und Tessiner
Sektionen regelmässig besuchen und ihnen vor allem gut zuhören. Der Präsident muss ein Integrator sein und
kein Verwalter. Ein welscher Präsident oder zumindest einer aus dem
Röstigraben wäre deshalb optimal.
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Drittens müssen wir endlich zur
Kenntnis nehmen, dass unsere Mitglieder immer älter werden. Old Timer haben andere Interessen als
Newcomer. Die USKA muss sich dieser Entwicklung anpassen, sonst verliert
sie den Kontakt mit ihrem Rückgrat. Und das ist nun mal die „Alte Garde“.
Kleiner Tipp für die Redaktion des HB-Radios: Die Clubzeitschrift des RAOTC
birgt wahre Perlen. Eine Fundgrube für Artikel, die man auch im „Zentralorgan“
bringen könnte.
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Viertens, und das ist eine Frage des
Überlebens: die USKA muss Ballast abwerfen. Konzentration auf das Wesentliche ist angesagt. In meinen Augen
sind das: Die Vertretung gegenüber IARU und den Behörden, der QSL-Service,
solange die OM noch die altertümlichen Pappkärtchen verschicken, der Betrieb
der Station HB9O im Verkehrshaus als wirksamste PR und die Frequenzkoordination.
Wichtig ist auch die Unterstützung der Mitglieder durch die Antennenkommission.
Ob die zweimonatliche Hochglanzzeitschrift dazu gehört, muss hinterfragt
werden. Im Grunde wünsche ich mir den monatlichen Old Man zurück. Wie auch
immer: Aktuelles gehört sowieso ins Web. Der Versuch, sich beim DARC Rundfunk
anzuhängen, scheint mir ein guter Ansatz zu sein. Schließlich sind wir Funker. Aber
was nicht unbedingt zentralisiert werden
muss, soll Sache der Sektionen bleiben. Ich bin ein Anhänger des Föderalismus.
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Der Webauftritt muss dringend verbessert
und auf das Wesentliche beschränkt werden. Ein
mobiler Web-Auftritt ist ein Muss. Das Web ist heute das Mittel der Wahl
zur Information der Mitglieder. Nur damit kann zeitnah informiert werden.
Totholzmedien sind – wie wir – am Aussterben. Nie aktuell, immer Schnee von
gestern.
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Politisches Lobbying bringt m.E. nichts.
Schon gar nicht durch politische Amateure. Im besten Fall ist das ein Schuss in
den Ofen, im schlechtesten Fall kontraproduktiv. Wir sind keine signifikante Wählergruppe und vertreten keinen
Wirtschaftszweig!
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Als USKA Präsident wäre es mir ein
besonderes Anliegen, die Nostalgie mit
der modernen Technik zu versöhnen. Wir Funkamateure haben eine fantastische
Geschichte und die ist Teil unserer Identität. Aber diese Erfolgsgeschichte kam
nur zustande, weil wir immer an vorderster Front experimentierten. Ziehen wir
uns dort zurück, sterben wir noch rascher aus. Darum sollten Entwicklungen wie
z.B. das HamNet gefördert werden.
Und um endgültig disqualifiziert zu werden: Ich würde wieder eine CW Prüfung einführen.
Auf freiwilliger Basis und abgenommen durch Volontäre aus den Sektionen. Die
Telegrafie ist ein unschätzbares Erbe und die einzige Kunst, die wir neben stundenlangem FiiiveNiiine-Brüllen beherrschen. Sie darf nicht aussterben.